Pandemie

Wirtschaft gegen Schnelltest-Pflicht

Die Unternehmen bestehen auf freiwilligen Lösungen, doch die Politik droht mit Vorschriften. Berlin spielt den Vorreiter.

30.03.2021

Von DIETER KELLER

Berlin. Ab sofort müssen im Land Berlin die Arbeitgeber allen Mitarbeitern mindestens zweimal pro Woche einen kostenlosen Schnell- oder Selbsttest unter Aufsicht anbieten. Die Arbeitnehmer sind allerdings nicht verpflichtet, dieses Angebot anzunehmen. Ausnahme: Eine Testpflicht gibt es für Verkaufspersonal in Einzelhandel und Gastronomie sowie für Mitarbeiter in Betrieben und öffentlichen Einrichtungen, die direkten Kundenkontakt haben. Außerdem darf in privaten und öffentlichen Büros maximal die Hälfte der Arbeitsplätze genutzt werden.

Damit ist Berlin das zweite Bundesland mit einer Pflicht. In Sachsen ist gibt es dies bereits seit dem 22. März einmal pro Woche. Die Wirtschaft wehrt sich heftig gegen solche Vorschriften, über die auch andere Bundesländer nachdenken. Mit dem ständigen Androhen einer gesetzlichen Regelung werde das freiwillige Engagement nicht anerkannt, kritisierte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger. „Ein Testgesetz schafft nicht mehr Schutz, sondern mehr Bürokratie, mehr Kosten, weniger Eigeninitative und einen Haufen ungeklärter rechtlicher und organisatorischer Fragen“, sagte Dulger.

Er verwies auf die Selbstverpflichtung der Wirtschaft. Vor drei Wochen hatten ihre Spitzenverbände an die Unternehmen appelliert, den Beschäftigten Selbst- und Schnelltests anzubieten. Sie hätten ihre Testanstrengungen stark ausgeweitet, betonte Dulger. Auch für Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer zeigt „die stetig steigende Zahl von mitmachenden Betrieben, dass es keine gesetzliche Verpflichtung zu Testungen braucht“. Er sieht vielmehr die Politik gefordert, für ausreichende Mengen von Selbst- und Schnelltests zu vertretbaren Preisen zu sorgen.

Wie viele Unternehmen tatsächlich mitmachen, ist unklar. Vor zwei Wochen ergab eine Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), dass 19 Prozent aller Betriebe ihre Belegschaft testen und 28 Prozent in Kürze damit beginnen wollen. Für viele stelle sich die Frage gar nicht, weil sie entweder ausschließlich im Homeoffice arbeiten oder sich im Lockdown befinden. Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) fordert, dass sich mindestens zwei Drittel der Firmen beteiligen.

Liebend gerne würde die Wirtschaft dagegen ihre Betriebsärzte beim Impfen einsetzen. Das Konzept liege vor, betonte Industriepräsident Siegfried Russwurm im „Tagesspiegel“. Allein acht der zehn Millionen Industrie-Beschäftigten könnten so geimpft werden. Dieter Keller

Zum Artikel

Erstellt:
30.03.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 02sec
zuletzt aktualisiert: 30.03.2021, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Sie möchten diesen Inhalt nutzen? Bitte beachten Sie unsere Hinweise zur Lizenzierung.

Push aufs Handy

Die wichtigsten Nachrichten direkt aufs Smartphone: Installieren Sie die Tagblatt-App für iOS oder für Android und erhalten Sie Push-Meldungen über die wichtigsten Ereignisse und interessantesten Themen aus der Region Tübingen.

Newsletter


In Ihrem Benutzerprofil können Sie Ihre abonnierten Newsletter verwalten. Dazu müssen Sie jedoch registriert und angemeldet sein. Für alle Tagblatt-Newsletter können Sie sich aber bei tagblatt.de/newsletter auch ohne Registrierung anmelden.
Das Tagblatt in den Sozialen Netzen
    
Faceboook      Instagram      Twitter      Facebook Sport
Newsletter Wirtschaft: Macher, Moneten, Mittelstand
Branchen, Business und Personen: Sie interessieren sich für Themen aus der regionalen Wirtschaft? Dann bestellen Sie unseren Newsletter Macher, Moneten, Mittelstand!