Wissenschaft

Wirbel um das „politische Mandat“

Kritiker greifen die grün-schwarzen Reformpläne an. Die Ministerin beruhigt: Es ändere sich nichts.

29.07.2017

Von AXEL HABERMEHL UND JENS SCHMITZ

Stuttgart. Die Landesregierung stößt mit ihrem Plan, den Verfassten Studierendenschaften das politische Mandat zu entziehen, auf Kritik. „Theresia Bauer begeht Verrat“, reagierte die Landesstudierendenvertretung gestern auf einen Bericht dieser Zeitung. „Wir sehen Ministerin Bauer ihrer Funktion als Wissenschaftsministerin nicht länger gerecht werden“, erklärten Kommilitonenvertreter aus Freiburg, Heidelberg und dem bundesweiten Zusammenschluss fzs.

Bauers Ressort erklärte per Pressemitteilung erneut, es gebe keine Beschneidung des Aufgabenfelds: „Die Inhalte des Mandats bleiben vollumfänglich erhalten“, erklärte das Ministerium. „Wir streichen einen Begriff, aber keine Kompetenzen.“ Der Koalitionspartner widerspricht: „Das ist keine Wortklauberei“, beharrte Sabine Kurtz, Hochschulexpertin der CDU-Landtagsfraktion. „Sonst hätten wir nicht so lange darum gerungen.“

Diese Zeitung hatte am Freitag enthüllt, dass die Union zur Reform des Landeshochschulgesetzes ein symbolträchtiges Zugeständnis ertrotzt hat: Die Formulierung vom „politischen Mandat“ der Verfassten Studierendenschaften, 2012 von Bauer unter Rot-Grün eingeführt, soll fallen.

Offiziell dürfen sich Studentenorganisationen mit Zwangsmitgliedschaft in Deutschland nur zu Fragen von hochschulpolitischer Relevanz äußern. In der Praxis hat sich daraus ein langer Rechtsstreit um die Frage entwickelt, wie indirekt ein Bezug sein darf, um noch als relevant zu gelten. Vertreter eines liberalen Verständnisses sind durchaus der Meinung, dass Mittelknappheit an Universitäten Studenten legitimiere, sich zu üppigen Rüstungsetats und ergo auch geostrategischen Fragen zu äußern.

Unscharfe Formulierung

Bauer hat diese Unschärfe befördert, als sie 2012 im Gesetz auf dem allgemeinen Wort vom „politischen Mandat“ beharrte, obwohl ein von der Opposition in Auftrag gegebenes Gutachten riet, statt dessen ein „hochschulpolitisches Mandat“ zu verankern. Im Landtag sagte die Ministerin damals, Studenten sollten sich für ihre Belange und für hochschulpolitische Themen „in einem umfassenden Sinn“ einsetzen können. Ihre Formulierung garantiere Rechtssicherheit und „möglichst große Reichweite“.

Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag, Andreas Stoch, kritisiert nun: „Grün-Schwarz will den Studierenden nun wieder einen politischen Maulkorb verpassen.“ Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund rügt: „Der DGB lehnt den Anschlag auf die studentische Mitbestimmung durch eine Beschränkung des politischen Mandats der Verfassten Studierendenschaft entschieden ab“, erklärte Vize-Landesvorsitzende Gabriele Frenzer-Wolf.

Wissenschaftsministerin Bauer steht derzeit ohnehin wegen ihrer Rolle in der Zulagen-Affäre unter Druck. Ein Untersuchungsausschuss prüft Vorgänge an der Hochschule Ludwigsburg, wo Professoren zu Unrecht Zahlungen erhalten haben sollen. An der Hochschule Konstanz soll es ähnliche Vorgänge gegeben haben. Wie Bauers Ministerium mitteilte, lässt es sich nun die entsprechenden Vergaberichtlinien für für Leistungsbezüge aller baden-württembergischen Hochschulen vorlegen. Dies fordert die Opposition schon lange, Bauer hatte es stets abgelehnt. Axel Habermehl, Jens Schmitz

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Erstellt:
29.07.2017, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 16sec
zuletzt aktualisiert: 29.07.2017, 06:00 Uhr

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