Wir sind die Neuen

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Drei Alt-68er, die aus Geldnot zusammengezogen sind, geraten mit einer Studenten-WG im gleichen Haus komödiantisch aneinander.

14.07.2014

Von Klaus-Peter Eichele

Dieser Film scheint zielgruppentechnisch wie geschaffen für Tübingen. Schließlich leben hier nicht nur Tausende junger Studenten, sondern auch jede Menge stolze Altachtundsechziger. Und genau diese beiden Kohorten geraten in der Komödie mit tragischen Schlieren aufs Heftigste aneinander.

Schauplatz ist allerdings München, wo Geldnot, Einsamkeit und sehnsüchtige Erinnerungen drei ältere Semester (Gisela Schneeberger, Michael Wittenborn und Heiner Lauterbach) dazu bewegen, ihre vor 35 Jahren aufgelöste Wohngemeinschaft wiederzubeleben. Kaum eingezogen, gibt es aber auch schon Streit mit der Studenten-WG einen Stock höher. Anders als in der aktuellen Hollywood-Komödie „Bad Neighbors? betätigen sich in diesem Fall jedoch die Alten als Feierbiester, während sich das steife Jungvolk jede Ruhestörung verbittet und auf penible Einhaltung der Kehrwoche drängt.

Doch nicht nur zwischen, auch innerhalb der Wohneinheiten stehen die Zeichen auf Sturm. Die Senioren müssen einsehen, dass sich das Rad der Zeit nicht so einfach zurückdrehen lässt ? dafür schleppen alle drei zu viel Ballast aus ihren nicht gerade glücklich verlaufenen Vorleben mit sich herum. Und in der Etage drüber schlagen Liebeskummer, vor allem aber der universitäre Leistungsdruck aufs Gemüt, bis hin zum Psycho-Kollaps. Immerhin erwächst aus den jeweiligen Depressionen die Chance zur Annäherung.

Wie schon seinem vorzüglichen Debütfilm „Shoppen? (2006) findet Regisseur und Autor Ralf Westhoff eine gute Mischung zwischen dem Ernst der Lage, in der sich seine Figuren befinden, und den witzigen Funken, die sich daraus schlagen lassen. Zudem hat er ein Gespür für Tempo, Timing und klamaukfreie Pointen, wie man es äußerst selten in deutschen Komödien findet.

Obwohl sie keineswegs durchgehend sympathisch sind, gehört die Sympathie des 44-Jährigen eindeutig den alten Säcken, aber auch der verspießerte Nachwuchs verdient letzten Endes Nachsicht und Mitleid: Schließlich ist es nicht ihm (sondern eher den neoliberal gewendeten Achtundsechzigern) anzulasten, dass er zu Konkurrenz, Karriere und Selbstoptimierung verdammt ist.

Deutsche Sozialkomödie, deren ernst grundierter Witz sehr französisch anmutet.

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