Sepp Buchegger über eine Himmelsrichtung ohne Fixstern

Wir sind Süden. Wir sind wachsam!

Die „Süddeutsche Zeitung“, eines der Leitmedien der Tagespresse, enthielt in der letzten Woche neben den üblichen erhellenden Beiträgen zu den Dingen des politischen, kulturellen, wirtschaftlichen und sportlichen Lebens eine 50-seitige Hochglanzbroschüre mit dem Titel „Süden – das Urlaubsmagazin für Baden-Württemberg“. Maultaschen und Kartoffelsalat auf dem Titel und die Botschaft „WIR SIND SÜDEN“. Wir waren schon Papst und Fußballweltmeister, warum also nicht auch SÜDEN, was immer das auch heißen soll.

10.02.2018

Von Sepp Buchegger

Wir sind SÜDEN (ohne Tübingen): Zum Übrigens von Sepp Buchegger vom 10.2.18

Wir sind SÜDEN (ohne Tübingen): Zum Übrigens von Sepp Buchegger vom 10.2.18

Begrüßt wird man mit „Willkommen im Genießerland Nummer 1“ und einer Karte eben dieses Landes, die die wichtigen Ansiedlungen zeigt (siehe Ausschnitt). Man sucht wie üblich ein bisschen nordwestlich von Reutlingen nach Tübingen und findet – nichts! Wir sind zwar SÜDEN, aber irgendwie nicht vorhanden. Ich neige nicht direkt zum Lokalpatriotismus, bin aber doch irritiert, dass Tübingen im Heft auch weiter hinten nur einmal erwähnt wird, wenn Bebenhausen als Stadtteil Tübingens vorgestellt wird.

Gefüllt ist das bunte Heft mit den üblichen Landlust-Beiträgen: den Schäfern auf der Alb, dem Wein von Steillagen, Hopfenbauern und Brotsommeliers, slow food (Albbüffel), Burgen, Klöstern und Wasserfällen. Ein Beitrag heißt „Hidden Places“ (verborgene Orte), aber auch da ist Tübingen nicht versteckt und offensichtlich keine Reise wert – als ob es das ziemlich größte Weinfass der Welt, die Steinzeitfiguren im Schloss, das Schokofest, den Umbrisch-Provenzalischen Markt und einen der bestangezogenen OBs der Republik (GQ -Magazin 2014) nicht gäbe und Tübingen nicht der geografische Mittelpunkt des Landes wäre, von anderen Mittelpunkten ganz zu schweigen.

Herausgegeben wird das Heft von der Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg in Stuttgart. Ein konkreter Grund für die Nichtbeachtung Tübingens war dort nicht zu erfahren, nur soviel, dass es in diesem Heft eher um Urlaubsregionen geht, deren Vertreter in den entsprechenden Redaktionskonferenzen die Richtung vorgegeben hätten.

Für die Anhänger von Verschwörungstheorien gibt es einen Hinweis: Freundlich unterstützt wird „Süden“ vom Ministerium der Justiz und für Europa. Sollte dessen schwarzer Minister Guido Wolf das grüne Tübingen vielleicht irgendwie ignorieren lassen?

Aber keine Angst – der SÜDEN ist wachsam!