Tübingen · Kinder-Uni

Die allererste Kinder-Uni: „Wir haben uns immer richtig groß gefühlt“

Clemens Beyer war schon bei der allerersten Kinder-Uni-Vorlesung. Heute ist er selbst Wissenschaftler.

29.06.2022

Von Ulrich Janßen

Clemens Beyer in Chile mit Brutblatt und Zitronenbaum. Privatbild

Clemens Beyer in Chile mit Brutblatt und Zitronenbaum. Privatbild

Vor zwanzig Jahren startete in Tübingen die erste Kinder-Uni der Welt. Den Vortrag hielt damals der Geowissenschaftler Prof. Gregor Markl. Im Hörsaal der Alten Anatomie beantwortete er die Frage: „Warum speien Vulkane Feuer?“. Clemens Beyer war im Jahr 2002 neun Jahre alt. Seine Eltern hatten von der Vorlesung in der Zeitung gelesen und den Kindern gesagt, das wäre vielleicht interessant. „Und da sind wir dann hin“, erinnert sich der heute 29-Jährige an die erste Vorlesung in dem „megaüberfüllten Hörsaal“.

Clemens Beyer hatte schon immer, wie er sagt, „ein großes wissenschaftliches Interesse“. Für ihn kam die Kinder-Uni deshalb wie gerufen. „Das waren einfach superspannende Themen“, erinnert er sich. In dem riesigen Hörsaal zu sitzen und etwas Neues zu erfahren, „das fanden wir einfach toll“. Wer die Vorträge gehalten hat, weiß Beyer nicht mehr. „Das war uns auch egal, es waren halt so alte Professoren.“ Aber dass die alten Professoren sich Zeit für Kinder nahmen, findet er bis heute klasse. „Das waren ja ausgezeichnete Leute, und wir haben uns in den Vorlesungen immer richtig groß gefühlt.“

Besonders gut kann er sich an die Vorlesung übers Klonen erinnern. Die war im Jahr 2003, im zweiten Kinder-Uni-Jahr. Es kamen jede Menge Journalisten und weit über 1000 Kinder in den Kupferbau. Dass die Vorlesung von der Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Volhard persönlich gehalten wurde, hat Beyer gar nicht so mitbekommen. Aber dass sie hinterher Pflanzen ausgeteilt hat, das weiß er bis heute. „Das war ein sogenanntes Brutblatt, das stand lange in meinem Zimmer.“

Heute wachsen die Brutblätter sogar in seinem Garten. Beyer wohnt nämlich in Chile, „und da ist diese Pflanze sehr verbreitet“. Der ehemalige Tübinger, der verheiratet ist und ein Kind hat, kam über ein Praktikum nach Südamerika und macht gerade an der Universität in Valparaíso seinen Doktor in Landwirtschafts- und Lebensmittelwissenschaft. In Gewächshäusern versucht er, Avocados zu züchten, die mit weniger Wasser und weniger Nährstoffen auskommen. „Hier in Chile halte ich auch schon selber Vorlesungen“, sagt er stolz am Telefon. Leider gibt es in Valparaíso keine Kinder-Uni: „Kinder- und Jugendarbeit ist in Chile nicht so wichtig.“

Die Tübinger Kinder-Uni hat ihn jedenfalls sehr beeindruckt und ihn auf seinem Weg in die Wissenschaft sehr bestärkt. „Ich habe in Tübingen sogar mal an einer Umfrage teilgenommen und dafür ein Poster der Universität Tübingen bekommen, das fand ich supercool.“ Das Poster hat er umgehend aufgehängt, es hänge bis heute in seinem alten Tübinger Zimmer. Dass er ein Poster von der Tübinger Universität in seinem Zimmer hatte, während an den Wänden anderer Jungs der Millenium Falke aus Star Wars flog, findet er im Nachhinein auch etwas seltsam. „Aber wahrscheinlich war ich auch ein bisschen ein seltsames Kind“, lacht er vergnügt.