Winternomaden

Winternomaden

Dokumentarfilm über zwei Schäfer, die mit ihrer Herde durch die winterlichen Voralpen ziehen.

15.10.2012

Von Dorothee Hermann

Der Schäfer Pascal Eguisier übt seinen uralten Beruf ausgerechnet im Winter aus: Seit 32 Jahren treibt er in den Schneemonaten ein paar hundert Schafe durch die Westschweiz. Vier Hütehunde helfen ihm dabei; drei Esel schleppen Zeltplanen, Felle, Kleidung und den Wasserkessel. In der Saison 2010 begleitete der Schweizer Regisseur Manuel von Stürler den Schäfer und seine Auszubildende Carole Noblanc.

Es verblüfft, mit welch einfachen Mitteln die beiden der Kälte trotzen: Eine Zeltplane über einen dicken Ast gehängt bietet eine Unterkunft für die Nacht. Doch der Film feiert weder Outdoor-Survival noch Idylle: Dicke Schneeklumpen im Fell, scharren sich die Schafe geduldig etwas Grünzeug unter der weißen Decke hervor. Wenn es taut, ist es für Mensch und Tier sichtlich mühsam, über durchweichte Wiesen zu stapfen.

Am Ausgangspunkt der Winterwanderung stemmen sich die grauen Betonpfeiler einer Autobahnbrücke in die Höhe. Man wundert sich, dass der Lärm der durchrauschenden Autos die Tiere kaum irritiert. Die auf Massenmobilität ausgerichtete Landschaft wird den freien Durchgang von Mensch und Schaf noch häufiger behindern: Auf angestammten Wegen hat sich eine Neubausiedlung breitgemacht. Die Winterwanderung hat ein handfestes wirtschaftliches Ziel: die Schafe zu mästen - etwa für die weihnachtliche Lammkeule.

Die beiden Schäfer sind nicht so isoliert, wie man angesichts der Witterung erwarten könnte: Einzelne Bauern wollen nicht, dass die Schafe über ihre Wiesen trampeln. Andere bieten den Schäfern eine Dusche und ein Essen. "Winternomaden" wurde mit dem Europäischen Dokumentarfilmpreis ausgezeichnet und war Publikumshit bei den Französischen Filmtagen.

Der etwas andere Weihnachtsfilm samt Hirten auf dem Felde und Festmahl in der Kälte.

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