Tübingen · Unterjexit

Will Unterjesingen die Scheidung?

Seit 49 Jahren gehört Unterjesingen zu Tübingen. Nächstes Jahr also könnten die Unistadt und der Teilort Goldene Hochzeit feiern. Doch ob es dazu kommt, ist fraglich.

14.02.2020

Von Sabine Lohr

Unterjesingen mit Schloß Roseck – ist das bald Ammerbuch? Archivbild: Ulrich Metz

Unterjesingen mit Schloß Roseck – ist das bald Ammerbuch? Archivbild: Ulrich Metz

Unterjesingen scheint nämlich die Trennung in Erwägung zu ziehen. Jedenfalls überraschte Oberbürgermeister Boris Palmer den Gemeinderat am Donnerstag mit dieser Nachricht. Demnach hat ihm der Unterjesinger Ortsvorsteher Michael Rak in einem längeren Schreiben angedroht, „nach Ammerbuch zu gehen“. Warum, ließ Palmer offen. Er meinte allerdings, er sei sich nicht sicher, wie das gemeint gewesen sei – ernst oder scherzhaft? Fragen konnte man Rak nicht, denn er war in der Gemeinderatssitzung nicht anwesend.

Und weil sich Rak auch am Freitag gegenüber dem TAGBLATT nicht dazu äußern wollte – das sei nicht-öffentlich besprochen worden, nächste Frage – bleibt nur die reine Spekulation über die Gründe. Ob es der Tunnel durch Unterjesingen ist, den Rak partout haben will, der aber im Haushalt auch für die nächsten Jahre nicht einkalkuliert ist?

In der Gemeinderatssitzung wurde zwar nicht diskutiert, ob die Scheidungsabsicht ernst gemeint ist und was dahinter stecken könnte, aber Thema wurde die Sache dann doch. Zuerst klingelte das Telefon des Unterjesinger Stadtrats Christian Mickeler, der kundtat, das sei jetzt Ammerbuch, und hinaus eilte. Als er zurückkam, erkundigte sich Palmer, wie es denn nun stünde. Mickeler antwortete mit einem Wackeln seiner gespreizten Hand.

Das Gremium widmete sich dann wieder ausgiebig dem Haushaltsplan, ging Seite für Seite durch und stellte viele Fragen. David Hildner von der „Fraktion“ verfolgte alles konzentriert, hakte aber lange bei nichts nach. Bis man fast schon am Ende auf Seite 480 und dem Haushaltsposten „7.541004.1600.01: Brücke Ammer Unterjesingen“ angekommen war. Ob die dafür eingeplanten 180 000 Euro denn nun überhaupt noch nötig seien, wollte Hildner wissen. Palmer spielte mit: Er rief statt eines zuständigen Verwaltungsangestellten Mickeler auf, um eine Antwort zu bekommen. Der meinte, der Posten sei durchaus zu halten – wenn der Gemeinderat eine starke Willenserklärung abgebe, dass Unterjesingen bleiben solle – „und dann bis zur letzten Kugel auch darum kämpft“. Palmer ließ den Gemeinderat sofort abstimmen – und das Gremium gab die gewünschte Willenserklärung mit sehr großer Mehrheit ab.

Für Unterjesingen erschwert das die Trennung. Falls sie aber doch weiterverfolgt wird, sollte Rak mal einen Blick in den Ammerbucher Haushaltsplan werfen. In dem sieht es so mies aus, dass sogar über die Freibadschließung in Entringen nachgedacht wird. Ein Tunnel ist da nicht drin. Noch nicht mal eine kleine Brücke über die Ammer.