Wiener Dog

Wiener Dog

Regisseur Todd Solondz verbindet skurrile Kurzgeschichten durch einen Dackel, der von einem Besitzer zum nächsten wedelt.

01.06.2016

Von Klaus-Peter Eichele

Es gab schon einen Geldschein, mehrere Autos und ein Gewehr, die als filmische Klammer für unzusammenhängende Episoden herhalten mussten. Diesmal ist es ein Wiener Dog, ein Dackel also, der im Lauf des Films dreimal den Besitzer wechselt und so zum Aufhänger für vier autonome Geschichten wird. In der ersten will ein Ehepaar aus dem Mittelstand seinen kränklichen Sohn aufheitern, doch der Schuss geht wegen unvereinbarer Vorstellungen, wozu ein Haustier gut ist, nach hinten los. Danach gehört der Hund kurzzeitig einer Tierarzthelferin (Greta Gerwig), die ihn vor dem Einschläfern rettet, einem alternden Filmprofessor und einer Greisin an der Schwelle zum Tod.

Ersonnen hat diesen Reigen Todd Solondz, der vor 20 Jahren mit seinen Filmen „Willkommen im Tollhaus“ und „Happiness“ zur großen Hoffnung des US-Independent-Kinos aufgestiegen war. Seine späteren Werke waren teilweise aber so vertrackt, dass sie kaum noch ein Publikum fanden. „Wiener Dog“ ist nun wieder deutlich zugänglicher – wobei sich der Regisseur seinen skeptischen, von manchen als zynisch geschmähten Blick auf die Gesellschaft bewahrt hat.

Anhand der diversen Hundehalter und ihres Umfelds wirft Solondz satirische Schlaglichter auf das von zwanghafter Hygiene oder politischer Korrektheit überwölbte menschliche Elend im provinziellen Amerika. Der Witz ist dabei oft sardonisch. Auf die Episode, in der der Dackel sterilisiert wird, folgt eine Sequenz über ein durch Zwangskastration zur Kinderlosigkeit verdammtes Ehepaar mit Down-Syndrom. Um den Eingriff am Hund vor ihrem Sohn zu rechtfertigen, fantasiert die Vorzeige-Mutter (Julie Delpy) einen streunenden Köter namens Mohammed herbei, der schon die halbe Nachbarschaft vergewaltigt habe. Für den Terror ist indes der Professor (Danny DeVito) zuständig, der wegen seiner altfränkischen Vorstellungen an der Uni gemobbt wird und sich zu einer Verzweiflungstat entschließt.

Mit dem schwarzen Humor kaschiert Solondz einen Widerspruch, den er selbst nicht auflösen kann: Dass Menschen Monster sind, die sich das Leben gegenseitig zur Hölle machen, und zugleich gemarterte Seelen, die Mitleid verdienen. Und der Dackel? Dessen Schicksal ist dergestalt, dass man zartbesaiteten Hundeliebhabern den Film nicht unbedingt empfehlen mag.

Mit Dackel durchs menschliche Elend – eine bittere, aber erkenntniserweiternde Pille.