Tübingen

Stocherkahnrennen 2023: Wie schmeckt eigentlich Lebertran?

Jedes Jahr müssen die Verlierer des Stocherkahnrennens Lebertran trinken. Leon Spahr vom Verliererteam 2022 erzählt, wie das so ist.

06.06.2023

Von Carolin Albers

Die Landsmannschaft Ghibellinia hat das Rennen 2022 verloren. Daher musste das Team Lebertran trinken. Archivbild: Klaus Franke

Die Landsmannschaft Ghibellinia hat das Rennen 2022 verloren. Daher musste das Team Lebertran trinken. Archivbild: Klaus Franke

Leon Spahr hat im vergangenen Jahr das Stocherkahnrennen mit der Landsmannschaft Ghibellinia verloren. Das bedeutete: einen halben Liter Lebertran trinken. Alle im Team. Der 22-jährige Spahr beantwortet im Gespräch mit dem TAGBLATT Fragen rund um das berüchtigte Fischöl.

Wie schmeckt denn Lebertran?

So wie warmer Fisch riecht. Also nicht gekochter Fisch, sondern so, wie wenn er in der Sonne lag. Ist nicht lecker.

Mussten Sie sich übergeben?

Ich habe es nicht geschafft, alles auf einmal zu trinken. Daher habe ich getrunken, ausgespuckt und dann den Rest getrunken. Wenn man sich vorstellt, dass man einen halben Liter Öl trinken muss, ist das schon normal, das wieder auszuspucken. Nach dem Rennen hat man sehr viel Durst und muss dann aber direkt den Lebertran trinken.

Wo habt ihr den Lebertran für dieses Jahr gekauft? Wie viel hat das gekostet?

Wir haben den Lebertran über einen Bundesbruder, der Apotheker ist, bestellt. Daher konnten wir auch zum Einkaufspreis der Apotheke einkaufen. Das war deutlich günstiger. Ein Liter kostet sonst zwischen 30 und 80 Euro.

Wie viel Liter habt ihr bestellt?

Die acht Mitglieder des Verlierer-Teams müssen jeweils einen halben Liter trinken, die disqualifizierten Kähne jeweils 0,3 Liter. Im Schnitt disqualifizieren sich vier bis fünf Kähne.

Was genau ist Lebertran?

Das ist Fischöl und wird aus Fischteilen gepresst. Das soll sehr gesund sein, meine Mutter hat mir erzählt, dass sie früher einen Löffel Lebertran bekommen hat, wenn sie krank war. Und ein Bundesbruder nimmt das einmal die Woche als Tablette, weil das gesund sein soll.

Woher kommt die Tradition, dass die Verlierer Lebertran trinken müssen?

Das Rennen kommt ja aus den Verbindungskreisen und wurde nach und nach größer. Das hat man damals bestimmt für eine lustige Idee gehalten mit dem Lebertran.

Warum hält man an der Tradition fest?

Das gehört einfach dazu. Dann hat man auch mehr Grund, sich anzustrengen. Wir hatten schon große Panik letztes Jahr, als wir die Letzten waren und haben nochmal alles gegeben.

Gibt es Überlegungen, die Tradition zu ändern?

An den Traditionen und dem Ablauf des Rennens soll nichts geändert werden.

Wie ist das mit Vegetariern und Veganern? Müssen die auch das Fischöl trinken oder gibt’s dann Alternativen?

Meines Wissens nach kam der Fall noch nicht vor. Aber wir wollen dieses Jahr eine vegetarische Alternative anbieten, wissen aber noch nicht, was genau.

Hast du noch irgendwelche Tipps fürs Rennen?

Meine Weisheit: Am besten nicht verlieren, das gebe ich jedem mit auf den Weg. Und danach Pfefferminze bereithalten, weil man riecht dann schon sehr nach Fisch. Ich hab mir direkt im Anschluss letztes Jahr zehn Minuten lang die Zähne geputzt.

So läuft das Stocherkahnrennen

Wer sich fürs Stocherkahnrennen am Donnerstag, 8. Juni, einen guten Platz sichern will, sollte beizeiten an Ort und Stelle sein. Besonders begehrt ist die Westseite der Neckarbrücke, weil dort am Nadelöhr das größte Spektakel ist: Die Stocherkähne müssen eine Acht um den Brückenpfeiler fahren und kommen sich dabei gehörig ins Gehege.

Vor dem Rennen gibt es um 13 Uhr die Kostümparade: Auf Höhe des Neckarmüllers starten die verkleideten Mannschaften, fahren unter der Neckarbrücke durch und präsentieren sich der Jury. Die Kostüme und die Deko geben sie in der Regel danach ab – sie sind beim Rennen hinderlich. Rennstart ist um 14 Uhr an der Fußgängerbrücke (Neckarsteg) zwischen der Ernst-Bloch-Straße und den Sportplätzen der Paul-Horn-Arena. Am Bügeleisen nehmen die Kähne die linke Flusspassage und fahren an der Neckarfront entlang, danach müssen sie die besagte Acht fahren. Haben sie das geschafft, fahren sie bis zum Ziel, der Eisenbahnbrücke.

Weil wie jedes Jahr an die 15 000 Zuschauer beim Stocherkahnrennen erwartet werden, fahren die Stadtbusse am Donnerstag auf einigen Linien Umleitungen. Zwischen 12 und 16 Uhr wird der gesamte Busverkehr zwischen Hauptbahnhof und Innenstadt umgeleitet. Deswegen kann es auf allen Linien zu Verspätungen kommen. Die einzigen Linien, die auf der Neckarbrücke halten, sind die 10 und die 22. Informationen zu den Umleitungsstrecken mit Übersichtskarte sind auf der Internet-Seite www.swtue.de/verkehr zu finden. Das TAGBLATT zeigt auf seinem Instagram-Kanal einen Livestream vom Rennen am Nadelöhr und berichtet mit Bildern und einem Video auf seiner Website tagblatt.de.

Alles über Lebertran

Lebertran ist Fischöl und wird vor allem aus der Leber von Kabeljau und Schellfisch gewonnen. Der Tran aus Walen ist wiederum nicht das gleiche wie Lebertran. Schon die Wikinger sollen Lebertran als Stärkungsmittel getrunken haben. Lebertran wurde seit dem 18. Jahrhundert gegen Rheuma verwendet, und später gegen Rachitis bei Kindern eingesetzt. Das Fischöl hat einen hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren sowie Vitamin A und D und gilt daher als gesund. Bis in die 1960er Jahre war ein Löffel Lebertran täglich ein beliebtes Stärkungsmittel. Heute gibt es Lebertran auch als Kapseln zum Einnehmen.

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Erstellt:
06.06.2023, 19:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 28sec
zuletzt aktualisiert: 06.06.2023, 19:00 Uhr

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