Tübingen

Wie ein Außenposten zur „Comeback“-Schau“

Tübingens schönstes Wandgemälde könnte auch als ein „Ort des Tages“ gelten, passt aber ebenso gut zur derzeit droben in der Kunsthalle logierenden „Comeback“-Ausstellung, die sich mit der zeitgenössischen Wiederkehr von Alten Meistern beschäftigt.

08.08.2019

Von wit

Archivbild: Sommer

Archivbild: Sommer

Eine Tour d’horizon durch die Kunstgeschichte mit hohem Erkenntnis- und Wiedererkennungswert. Das Graffito oben im Bild, zu finden neben der Thiepvalkaserne, setzt sich gewitzt von all den öden, reviermarkierenden Wandschmierereien der Tübinger „Tag“-Szene ab, indem es Kunstwerke der jüngeren und älteren Historie gekonnt herbeizitiert: Oben rechts Michelangelos Gottvater, frei nach der „Erschaffung Adams“ in der Sixtinischen Kapelle, mit kreatürlichem Fingerzeig für den Sprayer, womöglich ein Selbstporträt.

Unten rechts langweilt sich allerliebst eines der beiden Engelchen, die sich sonst zu Füßen von Raffaels Sixtinischer Madonna lümmeln. Und der knollennasige Träumer links unten ist eine Comicfigur im Geiste André Franquins, seines Zeichens (neben Hergè und Goscinny) herausragender und stilprägender Vertreter des frankobelgischen Comic-Genres.

Immerhin, Tübingens dilettierende Spraydosenschüttler lassen dieses kleine Meisterwerk in Frieden – es scheint doch noch so etwas wie Arbeits-Ethos zu geben. Aber es wurden auch schon originale Banksys übersprüht. Vielleicht braucht dieses unsignierte Werk eines Unbekannten dann irgendwann doch eine Plexiglas-Schutzplatte?