Klimaskeptiker

Wetter-Forscher als neue Feindbilder der Klimaskeptiker

Anhänger von Verschwörungsmythen schießen sich auf Meteorologen ein – mit falschen Behauptungen und Drohungen. Von Roland Lloyd Parry und Adria Laborda, afp

03.06.2023

Von AFP

Paris. Früher glaubten die Menschen, dass mächtige Götter das Wetter machen. Anhänger der Verschwörungsmythen haben andere Verantwortliche ausgemacht: Meteorologen und eine angebliche Verschwörung, die mit der Angst vor der Erderwärmung die Menschheit unterjochen will. In Online-Netzwerken wurde Spaniens Wetterbehörde beschuldigt, eine Dürre herbeigeführt zu haben. „Das Coronavirus ist kein Thema mehr. Verschwörungstheoretiker, verbreiten jetzt falsche Informationen über Klimawandel“, sagt der Kommunikationswissenschaftler Alexandre López-Borrull von der Open University von Katalonien. „Wissenschaftliche Institutionen werden als Teil des Establishments gesehen“ und diskreditiert.

Spaniens staatliches Wetteramt (AEMET) ist an die Öffentlichkeit gegangen, nachdem seine Mitarbeiter in Twitter-Nachrichten, Anrufen und E-Mails bedroht und als Mörder und Verbrecher beschimpft worden waren. In Spanien herrscht gerade eine schwere Dürre, die Stimmung heizte sich vor den Regional- und Lokalwahlen am vergangenen Sonntag weiter auf. Die Urheber solcher Drohungen sind Leute, die an den Mythos glauben, dass die Kondensstreifen von Flugzeugen in Wirklichkeit von den Regierungen versprüht werden, um die Menschen zu vergiften oder Wetterkatastrophen herbeizuführen. Die Verschwörungstheoretiker berufen sich auch auf eine mysteriöse „Agenda 2030“, wonach sich die globalen Eliten sich zusammengetan haben, um die Menschen mithilfe von Klimapolitik zu unterjochen.

Estrella Gutierrez-Marco vom spanischen Wetteramt berichtet, nachdem die Behörde im April zur tatsächlichen Entstehung von Kondensstreifen getwittert hatte, sei sie verstärkt das Ziel beleidigender Botschaften geworden. Die Urheber richteten sich ausgerechnet gegen eine Institution, „die sich um ihre Interessen kümmert; die für die Sicherheit der Menschen sorgen will“. Die Zunahme bei der Leugnung des Klimawandels trete vor allem bei Anhängern rechtsgerichteter Strömungen auf, die diesen als linkes Thema sehen und gegen Schutzmaßnahmen sind. Die Leute fühlten sich entfremdet und hörten jenen zu, „denen sie früher nie zugehört haben.“

In Australien teilten konservative Medien und Facebook-Nutzer unbegründete Behauptungen von Klimawandel-Skeptikern, dass die elektronischen Messungen der Wetterbehörde BOM 0,7 Grad Celsius über denen älterer Quecksilber-Thermometer lägen. Experten prüften und kamen zum Ergebnis, dass die Abweichung bei höchstens 0,1 Grad liege, was zu vernachlässigen sei angesichts des Trends beim Anstieg der Durchschnittstemperatur in Australien um etwa 1,4 Grad Celsius im vergangenen Jahrhundert, sagt der emeritierte Umweltprofessor Neville Nicholls.

Nachdem es im März im Südwesten Frankreichs eine Serie von Hitzerekorden gegeben hatte, wurde auf Twitter behauptet, der staatliche Wetterdienst übertreibe. Die Meteorologen gäben nur die Temperaturen in Städten weiter, dort sei es aber immer etwas wärmer als auf dem Land.

Klarstellung der Experten

Diese Anschuldigung, fast 140 000 Mal angesehen, breitete sich weiter aus. Eine Frau schrieb: „Damit wollen sie doch nur erreichen, dass wir uns fürchten und schuldig fühlen.“ Französische Klimaforscher stellten klar, dass sie nicht die Daten von 30 kritisierten Wetterstationen dazu nutzten, den Klimawandel zu messen. „Sie können sicher sein, dass wir nicht nur unsere 30 kleinen Wetterstationen haben“, sagt Christine Berne von Metéo-France. Außerdem seien die Klimaveränderungen auch auf dem Land zu beobachten.

Fakten-Check entlarvt Behauptung

Ein Twitter-Nutzer warf dem niederländischen TV-Sender RTL Nieuws vor, die Hitzewelle in Spanien zu übertreiben. Als Beweis veröffentlichte er ein Bildschirmfoto, das gemäßigte Temperaturen für die Costa Blanca zeigte. Wie ein Faktencheck der Nachrichtenagentur afp ergab, stammte der Messwert von einem kühlen Morgen – drei Tage nach der Hitzewelle.

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Erstellt:
03.06.2023, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 39sec
zuletzt aktualisiert: 03.06.2023, 06:00 Uhr

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