Tübingen

Wertschätzung

21.11.2017

Von Barbara Hecht, Tübingen

Sehr geehrte Frau Steuernagel,

selten habe ich mich so sehr über ein „Übrigens“ geärgert wie über Ihre Verunglimpfung junger Frauen, die ihre Mutter gegenüber Dritten noch Mama nennen.

Ja, eine solche junge Frau ist anscheinend einfach nicht gesellschaftskonform in Tübingen: Eigentlich sollte sie nur noch mit dem Vornamen von ihren Eltern sprechen, um zu signalisieren, dass man jetzt „von gleich zu gleich“ redet.

Es tut mir leid, aber ich glaube, da verkennen Sie die Tatsachen: Eltern bleiben Eltern, auch bei erwachsenen Kindern, und sie unterliegen einer Täuschung, wenn sie dies durch die Nennung beim Vornamen zu verschleiern versuchen. Ich kann damit leben, nicht von der späten Mutter zur besten Freundin meiner Tochter zu mutieren. Ich bleibe ihre Mutter. Das ist die Realität und das ist in Ordnung so. Freunde suchen wir uns aus, meistens so ungefähr im eigenen Alter. Eltern hat man, und sie bleiben die Eltern, ob einem das gefällt oder nicht, ob man sie sieht oder nicht, ob man sie Heinz und Heidrun nennt oder Mama und Daddy.

„Mama“ ist eine Beziehungsaussage und kann besonders bei älteren „Kindern“ für ein gutes und vertrautes Verhältnis stehen. Wenn diese Bezeichnung gegenüber Dritten gewählt wird, sehe ich darin eher Wertschätzung als kindisches Verhalten.

Übrigens habe ich nichts dagegen, später einmal die „Oma“ meiner zukünftigen Enkel zu sein. Auch von denen erwarte ich nicht, dass sie mit dem Vornamen von mir sprechen, sobald sie in die Schule gehen.