Fußball

„Werbung für den Frauenfußball“: VfL machtlos gegen Barças Zauber

Nach dem 2:3 im Finale der Champions League müssen Wolfsburgs Fußballerinnen die Klasse des FC Barcelona anerkennen – und gehen selbstkritisch mit den eigenen Pleiten um. Von David Joram,

05.06.2023

Von dpa

Finale verloren: Während die Barcelona-Spielerinnen feiern, trauert das Team des VfL Wolfsburg, weil die Frauen sich das 2:0 Halbzeit-Ergebnis haben abnehmen lassen und das Spiel am Ende 2:3 verloren ging. Foto: John Thys/afp

Finale verloren: Während die Barcelona-Spielerinnen feiern, trauert das Team des VfL Wolfsburg, weil die Frauen sich das 2:0 Halbzeit-Ergebnis haben abnehmen lassen und das Spiel am Ende 2:3 verloren ging. Foto: John Thys/afp

Eindhoven. Als die ersten Tränen getrocknet waren, fand auch Alexandra Popp ein paar Worte zur ebenso bitteren wie spektakulären Niederlage des VfL Wolfsburg gegen den FC Barcelona. „Ziemlich leer“ fühle sie sich, sagte die deutsche Fußball-Nationalspielerin nach nervenaufreibenden 90 Minuten plus Nachspielzeit zum 2:3 (2:0). „Zum größten Teil“ seien sie selbst daran schuld, „dass wir die Spiele verloren haben“, sagte die 32 Jahre alte Kapitänin und meinte neben dem Champions-League-Finale in Eindhoven auch einige vermeidbare Pleiten in der Bundesliga. „Einfach, weil wir in entscheidenden Phasen die Fehler machen oder nicht richtig da sind.“

Doch nur mit den eigenen Patzern war die vierte Wolfsburger Niederlage in einem Finale der Königsklasse nicht zu erklären. Vielmehr hing das Scheitern mit einer überragenden Barça-Elf zusammen, die den mächtigen Silberpokal mehr erspielte denn erzwang, mit Passqualität und Finten – einer Leichtigkeit, die die ganze Schwere des deutschen Kraftfußballs offenbarte. „Es ist schon so, dass der spanische Fußball sehr technisch ist – mit kurzen Pässen, auch sehr schön, sehr präzise“, sagte TV-Expertin Almuth Schult der Deutschen Presse-Agentur. Präzision und Effektivität seien bei Barça höher als bei Wolfsburg.

Werbung für Frauenfußball

Dass sich Barcelonas Trainer den Luxus gönnte, die zweimalige Weltfußballerin Alexia Putellas erst kurz vor Spielende einzuwechseln, erzählte viel über ein durchweg grandioses Finale, das zunächst geprägt von deutscher Effizienz war und schließlich vom spanischen Zauber. „Wir haben ein wahnsinnig tolles Spiel gesehen“, urteilte VfL-Trainer Tommy Stroot, der Wert darauf legte, dass sein Team daran auch beteiligt gewesen sei. „Das war vor allem Werbung für den Frauenfußball.“

Neben der viel gerühmten spanischen Fußball-Schule sind es allerdings auch die finanziellen Unterschiede, die Barcelona befähigen, einen solch dominanten Stil auf den Platz bringen zu können. Schult und Stroot wiesen darauf hin, dass es eben auch ehemalige Wolfsburgerinnen sind, die bei Barcelona den Takt mit angeben. Caroline Hansen etwa, die das erste Tor brillant vorlegte und immer wieder über den rechten Flügel angerauscht kam, spielte von 2014 bis 2019 für den VfL. Ebenso Siegtorschützin Fridolina Rolfö, die zwischen 2019 und 2021 für Wolfsburg auflief.

Deren Erfahrung und Klasse sorgten mit dafür, dass Stroot mit der verpassten Titelchance haderte. „Das tut schon extrem weh, wenn man sehr viel richtig gemacht hat“, sagte er. „Wir hatten Barça genau da, wo wir sie haben wollten.“ Ewa Pajor, die Torschützenkönigin dieses Wettbewerbs, mit ihrem neunten Turniertor (3. Minute) und Popp (37.) hatten dem VfL zur Pause ein 2:0-Polster beschert. „Wir hatten natürlich schon das Gefühl, dass wir Barcelona mehr oder weniger im Griff hatten“, sagte Popp. Ein trügerisches Gefühl. Patricia Guijarro (48./50.) und Rolfö (70.) schossen ihr Team zum zweiten Königsklassen-Titel nach 2021. Wolfsburg verpasste nach 2013 und 2014 Triumph Nummer drei.

Grämen wollte sich beim VfL aber niemand so richtig. Das Erreichen des Finales sei „ein Riesending“ gewesen, sagte Stroot. Es werde in Zukunft „nicht unbedingt leichter, ins Finale zu kommen, wenn man sieht, was international so passiert.“ Clubs wie Barcelona, Chelsea oder Arsenal gelten als finanzkräftiger und investitionsfreudiger als Wolfsburg. Der Rummel wird größer, der Frauenfußball ist klar im Aufwind. Auch diese Botschaft ging vom erinnerungswürdigen Endspiel von Eindhoven aus.

Stroot mahnt wegen TV-Deal für die WM

Wolfsburgs Trainer Tommy Stroot hat nach dem Champions-League-Finale noch einmal darauf hingewiesen, wie wichtig eine TV-Übertragung der kommenden WM in Deutschland wäre. „Es muss absolute Priorität haben, dass dieser Deal stattfindet“, sagte der 34-Jährige. „Wir sehen, auch heute wieder, wie viel Werbung diese Momente für den Frauenfußball sind, dann ist es fast eine Verpflichtung, dass es ausgestrahlt wird.“

Eineinhalb Monate vor Beginn der Weltmeisterschaft vom 20. Juli bis 20. August in Australien und Neuseeland ist die Liveübertragung der WM-Spiele noch immer nicht gesichert. Der Weltverband FIFA hat auf ein bisher erfolgloses Ausschreibungsverfahren für die Rechte verwiesen. Die FIFA will deutlich mehr Geld, als die TV-Anstalten zahlen wollen.

Zum Artikel

Erstellt:
05.06.2023, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 02sec
zuletzt aktualisiert: 05.06.2023, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Sie möchten diesen Inhalt nutzen? Bitte beachten Sie unsere Hinweise zur Lizenzierung.

Push aufs Handy

Die wichtigsten Nachrichten direkt aufs Smartphone: Installieren Sie die Tagblatt-App für iOS oder für Android und erhalten Sie Push-Meldungen über die wichtigsten Ereignisse und interessantesten Themen aus der Region Tübingen.

Newsletter


In Ihrem Benutzerprofil können Sie Ihre abonnierten Newsletter verwalten. Dazu müssen Sie jedoch registriert und angemeldet sein. Für alle Tagblatt-Newsletter können Sie sich aber bei tagblatt.de/newsletter auch ohne Registrierung anmelden.
Das Tagblatt in den Sozialen Netzen
    
Faceboook      Instagram      Twitter      Facebook Sport