Fußball

Wer regiert den VfB?

Wer das Chaos in Stuttgart beenden soll und wie es beim Zweitligisten weitergeht. Unter anderen sind drei Weltmeister von 1990 im Gespräch.

17.07.2019

Von Gerold Knehr

Foto: ©Iaroslav Neliubov/Shutterstock.com

Foto: ©Iaroslav Neliubov/Shutterstock.com

Nach dem Chaos beim VfB Stuttgart, das im Rücktritt von Präsident Wolfgang Dietrich gipfelte, ist der Fußball-Zweitligist eineinhalb Wochen vor dem Saisonstart um Rückkehr zur Normalität bemüht. Vizepräsident Bernd Gaiser vertritt Dietrich vorläufig an der Spitze des Aufsichtsrates. Zudem rückt Hans H. Pfeifer interimsweise ins Präsidium auf.

Der VfB ist momentan also handlungsfähig. Doch viel mehr interessiert die Mitglieder und Fans, wie sich der Zweitligist künftig aufstellen und wer als „neuer König“ den VfB Stuttgart regieren wird. Allerdings wird es bis zur nächsten Mitgliederversammlung dauern. Sie kann nicht, wie am Sonntag in der Mercedes-Benz-Arena angekündigt, im September stattfinden. Dieser Fahrplan ist nach Dietrichs Rücktritt aufgrund der Bewerbungsfristen zeitlich nicht einzuhalten. Sie soll jetzt am 15. Dezember stattfinden.

Guido Buchwald. Foto: Patrick Seeger/dpa

Guido Buchwald. Foto: Patrick Seeger/dpa

Als Favorit für ein leitendes Amt gilt Jürgen Klinsmann. Für den Weltmeister von 1990 macht sich nicht zuletzt auch Ministerpräsident und VfB-Fan Winfried Kretschmann stark. „Der VfB ist ein besonderer Verein für ihn“, sagt Klinsmanns Berater Roland Eitel über seinen Klienten, „wenn ihn jemand vom VfB anruft – egal aus welchem Grund – wird er immer ans Telefon gehen.“

Mehr noch als das Amt des Präsidenten, über dessen künftige Aufgaben und dessen Status – haupt- oder ehrenamtlich? – noch entschieden werden muss, dürfte den ehemaligen VfB-Profi und Bundestrainer der neu geschaffene Posten des Vorstandsvorsitzenden der ausgegliederten Fußball-AG reizen. „Ich kann mir eine Tätigkeit als Sportchef vorstellen, der in einem Verein oder Verband strategisch arbeitet“, hatte Klinsmann im vergangenen Oktober in einem Interview mit Stuttgarter Zeitungen gesagt.

Thomas Hitzlsperger. Foto: Tom Weller / Eibner-Pressefoto

Thomas Hitzlsperger. Foto: Tom Weller / Eibner-Pressefoto

Über eine Rückkehr Klinsmanns aus seiner Wahlheimat Kalifornien würde sich auch sein ehemaliger Klubkollege Guido Buchwald freuen. Der 58-Jährige war im Februrar nach einem öffentlich ausgetragenen Streit mit Gremiums-Kollege Wilfried Porth aus dem Aufsichtsrat zurückgetreten und könnte sich nun eine künftige Zusammenarbeit mit seinem Kumpel Klinsmann vorstellen. „Es geht darum, die besten Lösungen für den Verein zu finden, und da bin ich unabhängig vom Amt bereit, Verantwortung zu übernehmen.“

Gemeinsam mit Sportvorstand Thomas Hitzlsperger, der bei der Mitgliederversammlung am Sonntag auf viel Wohlwollen stieß, könnten Klinsmann und Buchwald ein Führungsteam bilden, das für eine vom Verein herbeigesehnte einheitliche Spielphilosophie sorgen könnte.

Thomas Berthold. Foto: Karlheinz Schindler/dpa

Thomas Berthold. Foto: Karlheinz Schindler/dpa

Schon vor der missglückten Mitgliederversammlung hatte Thomas Berthold den zurückgetretenen VfB-Präsidenten kritisiert. Seine Nachfolge wolle er aber nicht antreten. „Meine Intention ist es, der Vorsitzende des Aufsichtsrates zu werden, mit weiteren Leuten in dem Gremium, die genügend Fußball-Kompetenz mitbringen“, sagte der 54-jährige Ex-Profi, der gemeinsam mit Klinsmann und Buchwald 1990 Weltmeister wurde und von 1993 bis 2000 für die Stuttgarter spielte. Berthold hat eine klare Vision, was ein solches Führungsteam beim VfB Stuttgart anstreben soll: „Es muss eine große Linie vorgegeben werden, eine Fußball-Philosophie. Es muss eine Klubkultur entwickelt werden.“

Ebenfalls eine Rolle könnte künftig Rainer Adrion spielen. Der einstige VfB-Profi, Trainer und Coach der deutschen U21-Auswahl fiel bei der zuweilen sehr emotionalen Mitgliederversammlung durch konstruktive Kritik am bisherigen Präsidenten Dietrich auf. Nun prüft er die Möglichkeit, selbst mit einer Gruppe aktiv zu werden. Er will dies aber nur in Abstimmung mit Hitzlsperger und Kaderplaner Sven Mislintat tun. „Gegen Windmühlen will ich nicht ankämpfen“, sagt Adrion.

Vizepräsident Gaiser und der Beiratsvorsitzende Wolf-Dietrich Erhard haben sich auf der Homepage des Klubs für die Panne bei der Mitgliederversammlung entschuldigt. Der Verein lässt nun die Ursachen, die zum Abbruch der Versammlung führten, untersuchen. Bis hin zum Verdacht, es könnte sich um eine bewusste Manipulation gehandelt haben.

Stürmertalent wechselt zum FC Bayern

Die gute Jugendarbeit ist ein Aushängeschild des VfB Stuttgart. Allerdings kommen die Talente selten an in der aktiven Mannschaft. Ein Beispiel ist Joshua Kimmich. Nach sechs Jahren in der Stuttgarter Talenteschmiede wechselte er über RB Leipzig zum FC Bayern, wo er zu einem Leistungsträger und wichtigen Nationalspieler reifte.

Mit Leon Dajaku verliert der VfB nun ein weiteres Talent an die Münchner. Der U-18-Nationalspieler unterschrieb einen Vierjahresvertrag beim FC Bayern. Der gebürtige Waiblinger kam in der vergangenen Bundesliga-Saison zu zwei Kurzeinsätzen (24 Minuten) beim VfB. In München soll er sich bei der in die Dritte Liga aufgestiegenen zweite Mannschaft für höhere Aufgaben empfehlen.

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Erstellt:
17.07.2019, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 08sec
zuletzt aktualisiert: 17.07.2019, 06:00 Uhr

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