Fußball

VfB: Wer ist hier der Boss?

Der Aufstieg ist geschafft – jetzt stellen sich Zukunftsfragen. Wir suchen nach Antworten. Wie sind die Machtverhältnisse beim VfB Stuttgart?

29.07.2020

Von Carlos Ubina/stn

Verstehen sich gut, wie sie sagen: VfB-Präsident Claus Vogt (links) und Vorstandschef Thomas Hitzlsperger. Foto: Tom Weller/dpa Foto: Tom Weller/dpa

Verstehen sich gut, wie sie sagen: VfB-Präsident Claus Vogt (links) und Vorstandschef Thomas Hitzlsperger. Foto: Tom Weller/dpa Foto: Tom Weller/dpa

Claus Vogt und Thomas Hitzlsperger verbindet ihre Vorliebe für den englischen Fußball. Sie mögen die Art, wie in der Premier League mitreißend gespielt wird, sowie die Leidenschaft, mit welcher die Fans ihre Clubs begleiten. Die obersten Herren des VfB Stuttgart nutzen auch beide den Streamingdienst Netflix, weshalb der Vereinspräsident Vogt kürzlich Hitzlsperger, dem Vorstandsvorsitzenden der AG, eine Serie empfohlen hat: „Sunderland 'til I die“. Es ist die Dokumentation über den AFC Sunderland, einen Traditionsclub aus dem Nordosten Englands, der absteigt und gleich wieder nach oben will. Die Saison endet jedoch in einem Fiasko. Dennoch ist die Reihe eine Hommage an den Verein, die Stadt und die Menschen, die beides bis zum bitteren Ende lieben.

Das alles hat Vogt berührt, und seit der 50-jährige Unternehmer hinter die Kulissen des Fußballgeschäfts schaut, tun sich Parallelen zu seinem Herzensclub auf. Vieles kann in der Ballbranche trotz bester Absichten schieflaufen. Die Herausforderung ist es, den VfB nach der Rückkehr in die Bundesliga wieder dauerhaft in die Erfolgsspur zu bringen. Vogt und Hitzlsperger wollen das gemeinsam schaffen.

Zwischenmenschlich passt es, wie sie betonen. Doch wer ist auf der Geschäftsstelle der Boss? Da werden die Rollen nach einem halben Jahr Zusammenarbeit immer noch definiert. Vogt ist seit vergangenem Dezember Präsident und Aufsichtsratschef. Er hat sich seine ersten Monate an der Mercedesstraße aber sicher anders vorgestellt, als es durch die Corona-Krise gekommen ist.

An den Rand gedrängt sehen ihn manche, weil die wichtigen Entscheidungen auf anderer Ebene getroffen werden. Wie zuletzt, als der Aufsichtsrat davon überrascht wurde, dass sich der VfB von Co-Trainer Rainer Widmayer trennte – der zurückgeholt worden war, um das VfB-Element über die wechselnden Cheftrainer hinaus zu garantieren. Doch die sportliche Führung fasste einen anderen Entschluss. Hitzlsperger ist als Vorstandschef und Sportvorstand der starke Mann.

Dazu hat der Ex-Nationalspieler in Sportdirektor Sven Mislintat und Markus Rüdt, dem Direktor Sportorganisation, zwei Fachleute um sich herum. Sie bilden mit dem Chefcoach Pellegrino Matarazzo den inneren Machtzirkel, wenn es um die sportliche Ausrichtung geht.

Vogt hat es schwer, sich zu positionieren. Er füllt seinen Posten ohne jede Eitelkeit aus. „Es geht hier nicht darum, wer die Macht hat, sondern es geht darum, richtige Entscheidungen für den VfB zu treffen“, sagt der Präsident. Vogt hält sich zurück. Auch, weil dies die neue Struktur vorsieht. Der AG-Vorstand mit Hitzlsperger sowie Stefan Heim (Finanzen) und Jochen Röttgermann (Marketing) ist für das operative Geschäft verantwortlich. Dazu kommt Oliver Schraft (Kommunikation) als Mitglied der Geschäftsleitung. Über sie wacht der achtköpfige Aufsichtsrat.

Zu diesem Kontrollgremium gehört seit Jahren der einflussreiche Wilfried Porth, der Personalvorstand des Investors Daimler. Frisch dabei ist Rainer Adrion, ein früherer Trainer und Profi mit VfB-Gen. Ein Platz ist im Aufsichtsrat aber noch immer zu vergeben. Im Idealfall wird diesen ein Vertreter des zweiten Investors einnehmen. Nur: Die Suche nach einem Geldgeber verläuft schleppend.

Vogt will auf der nächsten Mitgliederversammlung wieder als VfB-Präsident kandidieren. Im November oder Dezember könnte diese stattfinden. Die Zusammenarbeit mit den Präsidiumsmitgliedern Bernd Gaiser und Rainer Mutschler schätzt Vogt sehr. Der Präsident legt aber auch Wert auf die Hilfe durch einen Expertenpool. Dazu gehören Ehrenpräsident Erwin Staudt, der Ex-Präsident Manfred Haas, die Politiker Cem Özdemir (Grüne) und Christian von Stetten (CDU) sowie der Allianz-Direktor Manfred Boschatzke. „Es handelt sich um renommierte und erfahrene VfB-Mitglieder, die sich in unterschiedlichen Themenbereichen einbringen sollen und uns hierfür ihr Netzwerk zur Verfügung stellen“, sagt Vogt.

Mehr als ein 1:0 sei der VfB, erklärt Vogt gerne. Letztlich zählt jedoch der Erfolg. Immer häufiger sagt das Hitzlsperger, der sich mit einer Netflix-Empfehlung revanchiert hat: „The last Dance“ – die Serie über den Ausnahmebasketballer Michael Jordan.

VfB verpflichtet Anton und Kobel

Der VfB Stuttgart hat den früheren U-21-Nationalspieler Waldemar Anton vom Zweitliga-Klub Hannover 96 verpflichtet. Das gab der VfB am Dienstagnachmittag bekannt. Der 24-Jährige, der in der Innenverteidigung und im defensiven Mittelfeld spielen kann, erhält einen Vertrag bis 30. Juni 2024 und die Rückennummer 2. Die Ablösesumme soll rund vier Millionen Euro betragen.

Zudem bleibt Gregor Kobel dem VfB erhalten. Die Stuttgarter haben die bisherige Leihgabe aus Hoffenheim fest verpflichtet. Über die Höhe der Ablöse vereinbarten die Klubs Stillschweigen. - dpa

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Erstellt:
29.07.2020, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 13sec
zuletzt aktualisiert: 29.07.2020, 06:00 Uhr

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