Kino

Wer Chancen auf die Löwen hat

Beim Filmfestival in Venedig liegen diesmal die Frauen gut im Rennen. An diesem Samstag werden die Preise vergeben.

07.09.2019

Von DPA

Venedig. Es könnte das Festival der Frauen werden. Im Wettbewerb der Filmfestspiele Venedig waren in den vergangenen Tagen zwar nur zwei Beiträge von Regisseurinnen zu sehen. Dennoch dominierten auch in den anderen Werken häufig Geschichten über unabhängige, starke oder eigenständige Frauen – selbst wenn dabei ein Mann Regie führte.

Zu den Favoriten auf den Goldenen Löwen für den besten Film zählt „Ema“, ein energiegeladenes Werk über eine junge Frau, die sich nicht um Konventionen schert: Ema macht, was sie will, liebt, wen sie will, und schläft, mit wem sie will. Der chilenische Regisseur Pablo Larraín hat mit Mariana Di Girolamo nicht nur eine herausragende Hauptdarstellerin gefunden, die diese junge Frau eindrucksvoll verkörpert.

Möglicherweise zeichnet die Jury mit der argentinischen Filmemacherin Lucrecia Martel als Präsidentin auch die Werke der beiden Regisseurinnen im Wettbewerb aus. Immerhin legte die Australierin Shannon Murphy mit ihrem Debüt „Babyteeth“ ein eigenwilliges Drama um eine krebskranke Jugendliche vor, während Haifaa Al Mansour in der deutschen Koproduktion „The Perfect Candidate“ den Kampf der Frauen in Saudi-Arabien um mehr Gleichberechtigung beleuchtete.

Darüber hinaus wurde auch das kunstvolle und experimentierfreudige Kino gefeiert, etwa der in Hongkong lebende Yonfan, der im filigran gezeichneten Animationswerk „No. 7 Cherry Lane“ von der Liebe eines Studenten zu einer älteren Frau erzählt.

Groteske Inszenierung

Mutig war zudem Franco Maresco, der in seiner Dokumentation „The Mafia Is No Longer What It Used to Be“ den Umgang mit der Mafia bis heute sezierte und das als überdrehte Groteske inszenierte.

Das Festival punktete auch mit jeder Menge Stars: Joaquin Phoenix begeisterte in der Rolle als tieftrauriger und extrem gestörter „Joker“ und Noah Baumbach schickte Scarlett Johansson und Adam Driver in „Marriage Story“ durch einen bitterbösen Scheidungskrieg.

Spannend wird außerdem, wie Lucrecia Martel und die anderen Jurymitglieder mit Roman Polanski umgehen. Martel hatte zu Festivalbeginn ausführlich erläutert, warum die Einladung des Regisseurs, dem sexueller Missbrauch vorgeworfen wird, für sie so schwierig ist. Doch der 86-jährige Oscargewinner bewies mit „J?accuse“, warum er zu den größten Regisseuren seiner Generation zählt: Das Drama um die Dreyfus-Affäre erzählt er atmosphärisch und mit einem guten Gespür für subtile Spannung. Eigentlich müsste es auch für dieses Werk eine Auszeichnung geben. dpa