Anti-Werbung für Bus & Bahn

Wenn die Schülerin doppelt so viel zahlen muss wie der Prof

Das Jobticket am Uniklinikum Tübingen (UKT) ist eine echte Erfolgsstory: 2014 als Pilotprojekt gestartet, nutzen es bereits 2200 der 8500 Klinikumsbeschäftigten.

16.09.2017

Von Volker Rekittke

„Das läuft sehr gut, jeden Monat werden es mehr“, sagt Selene Klaus vom UKT. Bedingung: Wer vorher eine Parkberechtigung hatte, musste sie zurückgeben – so wurde Platz in den überfüllten Schnarrenberg-Parkhäusern frei. Dafür gibt’s das Jobticket zu wirklich günstigen Konditionen: Krankenpflegerin wie Professor zahlen für eine Monatskarte (eine Wabe, nicht übertragbar) 19,40 Euro. Damit kommt man zum Beispiel von Immenhausen bis zur Tübinger Arbeitsstelle.

Wenn meine Tochter von Immenhausen zur Schule nach Tübingen fährt, muss ich als Papa mehr als das Doppelte zahlen: 40,30 Euro knöpft mir der Verkehrsverbund Naldo jeden Monat ab. Wieso die 15-jährige Schülerin so viel mehr berappen muss als etwa Klinikumschef Michael Bamberg – das mag aus rein ökologischer Sicht sogar nachvollziehbar sein. Tübingens OB Boris Palmer, der sich für „Tübus umsonst“ stark macht, sagt offen, worum es ihm geht: eine Änderung des Mobilitätsverhaltens. Soziale Aspekte spielen keine Rolle.

Und so erhöhen die Stadtwerke, deren Aufsichtsrats-Chef Palmer ist, immer wieder die Preise für Schülermonatstickets. Die Botschaft: Du, Schülerin, darfst eh noch kein Auto fahren. Also brauchen wir dich und deinesgleichen auch nicht mit Rabatten in Bus & Bahn locken. Aus sozialpolitischer Sicht: eine Ohrfeige.

Noch teurer wird’s, wenn die bunten Monatsmarken, die in der Schule stets vor den Sommerferien für ein ganzes Jahr im Voraus ausgegeben werden, versehentlich im Altpapier landen. Ist doof, kann aber mal passieren. Die Strafe für diese Schusseligkeit beträgt: 10 Euro pro Monat. Eigentlich müsste die Tochter nun Monat für Monat 10 Euro im Schulsekretariat bezahlen, bekommt dafür zunächst ein provisorisches und ein bis zwei Wochen später das aus Ulm nach Tübingen geschickte reguläre Ticket – so die Vereinbarung zwischen dem Regionalverkehr Alb-Bodensee (RAB) und dem Tübinger Landratsamt.

„Der Kreis bestimmt die Regeln“, sagt eine RAB-Mitarbeiterin – die schließlich doch einen kompletten Bogen Ersatz-Tickets rauslässt. Die im Vergleich zu anderen Kreisen „kulanteste Regelung“ soll vor „Missbrauch“, sprich: Weitergabe der namentlich gekennzeichneten Marken schützen. Teilt mir das Tübinger Landratsamt mit.

Ich komme mir ein bisschen vor wie ein ertappter Schwarzmarkt-Dealer, als ich schließlich resigniere und 110 Euro überweise: 50,30 Euro pro Monat kostet es nun, damit meine Tochter in oft gestopft vollen Bussen zur Schule fahren darf. Sie will übrigens so bald wie möglich
ihren Führerschein machen. Und muss dann wohl später wieder mit Rabatten in den Bus gelockt werden.

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Erstellt:
16.09.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 14sec
zuletzt aktualisiert: 16.09.2017, 01:00 Uhr

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