Wohnen der Zukunft

Alternative aus Oberschwaben: Wenn das Tiny-Haus zu eng ist

Winzig und witzig sind die mobilen Häuschen, aber wirklich nicht für jeden geeignet. Die Alternative kommt von einem Hersteller aus Oberschwaben.

13.09.2021

Von Alfred Wiedemann

Arbeit an einem Hausmodul in Gutenzell: Die Geschäftsführer  Mane Huchler (ganz links) und Wolfgang Huchler (ganz rechts) mit Mitarbeitern: Ludwig Borner, Eva Zinser und Sabine Griesinger (von links). Foto: Alfred Wiedemann

Arbeit an einem Hausmodul in Gutenzell: Die Geschäftsführer Mane Huchler (ganz links) und Wolfgang Huchler (ganz rechts) mit Mitarbeitern: Ludwig Borner, Eva Zinser und Sabine Griesinger (von links). Foto: Alfred Wiedemann

Gutenzell. Ein halber Meter kann viel ausmachen. Maximal 2,55 Meter breit darf ein Tiny-Haus mit Straßenzulassung sein. In Gutenzell im Kreis Biberach werden Tiny-Häuser seit über fünf Jahren von der Manufaktur Huchler gebaut. Jetzt werden aber auch kleine Modulhäuser in Holzständerbauweise gefertigt, ebenfalls auf einem Fahrgestell und damit beweglich.

Allerdings sind die drei Meter breit – und damit nur noch auf einem Tieflader im Straßenverkehr erlaubt. „Das nehmen wir in Kauf, weil die gewonnenen Zentimeter Breite unglaublich viel bringen fürs Wohngefühl“, sagt Mane Huchler, einer der Geschäftsführer des Familienbetriebs.

„Tiny-Häuser sind winzig, witzig und sehr in Mode“, sagt Huchler, „und wir machen sie auch gern.“ Als Wohnraum auf Dauer seien sie aber für viele einfach zu klein. Schon als Paar könne es einem ganz schnell viel zu eng werden. Die Modulhäuser hätten da mehr zu bieten.

Drei Meter auf neun Meter misst das Standardmodul. Bei 27 Quadratmetern muss aber nicht Schluss sein: Zwei Module, angeordnet in L-Form, bringen fast 50 Quadratmeter. Mit Terrasse und Grün drumherum Platz genug für viele, denen die große Wohnung oder das geräumige Haus zu groß und anstrengend oder für die das neue Eigenheim viel zu teuer geworden sind.

„Kleines Wohnen ist die Zukunft“, sagt Mane Huchler: Wohnen, das nachhaltig ist, mit natürlichen und nachwachsenden Baustoffen, recycelbaren Teilen, minimalem Flächenverbrauch, Dachgrün, kaum Versiegelung, niedrigem Energiebedarf, ausgetüftelter Energieversorgung. Ausreichend Außenbereich mache kleines Wohnen attraktiv, die Besitzer bleiben zudem mobil, weil die Module wie Tiny-Häuser mit umziehen könnten.

In Quartieren für kleines Wohnen kommen beispielsweise Gemeinschaftsräume, Gemeinschaftsgrün und Carsharing hinzu, mit Solarstrom und E-Autos, die zu Stromspeichern werden „Kleines Wohnen ist aktiver Klimaschutz“, sagt Huchler. Und so ein „Dorf im Dorf“ fördere wieder Gemeinschaft, anders als die „Schlafsiedlungen“ heute.

„Die können problemlos wieder weg, wenn eine Fläche wieder anders genutzt wird“

Für ungenutzte Dachflächen seien die kleinen Holzhäuser ebenso gut geeignet wie für Brachflächen in Kommunen: „Die können problemlos wieder weg, wenn eine Fläche wieder anders genutzt wird“, sagt Huchler. Nachbarn verkrafteten eine Nachverdichtung mit kleinen Häuschen zudem besser als mit großen Bauten. „Und der Besitzer einer Baulücke kann flexibel bleiben, die Modulhäuschen sind ja mobil.“

Das Problem: Die Baubehörden sind auf „kleines Wohnen“ nicht eingestellt, zeigen sich wenig flexibel oder machen vieles durch starre Vorgaben von vornherein unmöglich. Sind in einem Baugebiet zum Beispiel Satteldächer vorgeschrieben, wird's nichts mit den Modulhäuschen mit ihren begrünten Flachdächern.

Dass die neue Wohnbauministerin Nicole Razavi (CDU) bei den Kommunen, Landkreise und Baurechtsbehörden dafür werben will, „sich für diese Wohnformen zu öffnen“, sei erfreulich, sagt Huchler. Auch Fördergelder sind versprochen für die Nutzung von Lücken und Kleinstflächen als Räume für Wohnungsinnovation. Der Weg zum „kleinen Wohnen“ bleibt trotzdem nicht einfach. Nicht nur, weil manche Bürgermeister und Gemeinderäte die Alternative noch in die Zirkuswagen- und Hippie-Ecke schieben.

Da ist man beim Tiny-Haus-Quartier in Burgrieden-Rot (Kreis Biberach) schon weiter. Diesen Herbst sollte Baustart sein für die erste große Tiny-Haus-Siedlung im Südwesten, ein Huchler-Projekt. „Wir könnten sofort starten“, sagt Huchler. Wenn da nicht der fehlende Flächennutzungsplan wäre und die Planreife, die für das Sondergebiet noch bescheinigt werden muss. Die ersten von 32 Tiny-Häusern der Siedlung wurden schon gebaut. „Weil Platz fehlt zum Hinstellen, mussten wir aufhören“, sagt Huchler.

Arbeit gibt's genug. Stattdessen werden nun die Module für Baulücken gefertigt. Und dringend Grundstücke für die temporäre Nutzung gesucht. Fürs Tiny-Quartier in Rot sind zwar einige Interessenten abgesprungen, die Warteliste ist aber noch lang.

„Höchste Zeit, dass wir mit dem Wohnen die Welt verbessern, nicht mehr kaputtmachen“, sagt Huchler. Viele Interessenten kommen mit Kaufabsicht nach Gutenzell, aber ohne Grundstück oder Aufstellplatz. „Wir helfen, wo's geht“, sagt Huchler. Mehr Offenheit auf manchem Rathaus, wie von der Ministerin gefordert, vermisst er dann oft. Bisher wenigstens.