Werbung

Weniger verlockend

Eine freiwillige Selbstverpflichtung soll Kinder vor Snack-Werbung schützen. Für Ministerin Klöckner ein Erfolg, für Verbraucherschützer nicht.

13.04.2021

Von CAROLINE STRANG

Berlin. Kleine Kinder können nicht lesen. Darum sehen Werbebotschaften für sie anders aus als die für Erwachsene. So lacht Micky Maus oder Peppa Wutz von der Bonbonverpackung, ein Bär macht Chips verlockend und rund um Kindersendungen werben Kinderstars für die Snacks.

Das soll sich ändern, hat Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) zuletzt immer wieder betont – und auf eine Verschärfung der Verhaltensregeln der Werbewirtschaft gepocht. „Es war für mich keine Frage, dass die Verhaltensregeln verschärft werden müssen“, sagt sie. Wichtig sei, dass das schnell und effektiv geschehe. „Denn Werbung darf Kinder nicht dazu verleiten, sich ungesund zu ernähren.“ Nun hat die Werbewirtschaft tatsächlich reagiert. Kritik an der überarbeiteten freiwilligen Selbstverpflichtung gibt es vor allem von Verbraucherschützern.

Grundsätzlich, so die überarbeiteten Verhaltensregeln des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft (ZAW), müsse bei Werbung die geschäftliche Unerfahrenheit und Schutzbedürftigkeit der Kinder berücksichtigt werden. Der Verband verweist dabei gesondert auf eine moderne Werbeform: „Dies gilt insbesondere für eine verantwortungsvolle Kommunikation in sozialen Netzwerken.“

Von 1. Juni an soll nun die Altersgrenze der Einschränkungen von 12 auf 14 Jahre angehoben werden. „Die Werbewirtschaft muss nun also sämtliche Verbote, die bislang gültig waren, auf eine erweiterte Altersgruppe anwenden“, sagt ZAW-Hauptgeschäftsführer Bernd Nauen. So darf Lebensmittelwerbung für Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren weder direkte Aufforderungen zum Kauf noch zum Konsum enthalten. Klöckner bezeichnet diesen Schritt als „überfällig“ und geht davon aus: „Kinder werden jetzt besser geschützt.“

Nauen zufolge ist nun außerdem verboten, gegenüber dieser Altersgruppe positive Ernährungseigenschaften solcher Lebensmittel in der Werbung hervorzuheben, deren übermäßiger Konsum nicht empfohlen wird. Es gehe dabei um Formulierungen wie „unter Zusatz wertvoller Vitamine und Mineralstoffe“ oder „hoher Ballaststoffanteil für körperliche Leistungsfähigkeit“.

Verbraucherschutzorganisationen reichen diese neue Regeln nicht aus. Foodwatch-Expertin Luise Molling sieht die Öffentlichkeit von Bundesministerin Klöckner getäuscht, „indem sie die marginale Anpassung einer freiwilligen Selbstverpflichtung als großen Wurf verkauft“. Denn nach wie vor könnten „Hersteller von Zuckerbomben und fettigen Snacks ihre Produkte ganz legal direkt an Kinder bewerben – entgegen der Forderungen von Weltgesundheitsorganisation, Ärzteverbänden und Verbraucherschützern.“

Auch der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) forderte die Bundesregierung schon lange zu einer strengeren gesetzlichen Regelung auf. „Wenn Produkte nicht den Anforderungen der Weltgesundheitsorganisation entsprechen, dürfen sich Werbung und Aufmachung nicht speziell an Kinder richten“, sagt Vorstand Klaus Müller. Gerade die Lebensmittel, die Kinder ansprechen sollen, enthalten laut Untersuchungen der Verbraucherzentrale oft sehr viel Zucker oder Fett.

Nauen wendet ein: „Unser Job ist, Kinder nicht dazu zu verleiten, sich ungesund zu ernähren.“ Die Werbewirtschaft könne jedoch nicht anstelle der Eltern die Erziehung übernehmen. Laut Werberat soll kommerzielle Kommunikation für Lebensmittel aber zumindest nicht darauf abzielen, „die Rolle von Eltern oder Erziehungsberechtigen für eine ausgewogene, gesunde Ernährung ihrer Kinder zu untergraben“.

„Ich erwarte, dass die angepassten Verhaltensregeln auch konsequent in der Praxis angewendet werden – das behalten wir im Blick“, sagt Klöckner. Und droht mit einer strengeren staatliche Regulierung. (mit dpa)

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Erstellt:
13.04.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 31sec
zuletzt aktualisiert: 13.04.2021, 06:00 Uhr

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