Corona

Weltweite Sorge über Omikron-Mutante

Experten rechnen mit einer umfassenden Ausbreitung. In Deutschland nimmt der Krisenstab der Ampel-Regierung so langsam Gestalt an.

30.11.2021

Von Hajo Zenker und Ellen Hasenkamp

Soll den Corona-Krisenstab führen: Generalmajor Carsten Breuer. Foto: Nicolas Armer/dpa

Soll den Corona-Krisenstab führen: Generalmajor Carsten Breuer. Foto: Nicolas Armer/dpa

Omikron macht die Pandemie unkalkulierbarer. Die Weltgesundheitsorganisation WHO ist in großer Sorge und die künftige Ampel-Koalition will mit einem Krisenstab gegensteuern.

Wie groß ist das Risiko, das von Omikron ausgeht? Laut der WHO sehr groß. Ein starker Anstieg der Infektionsfälle durch Omikron könne schwerwiegende Folgen haben. Allerdings bestünden auch noch viele Unsicherheiten bei Übertragbarkeit und Erkrankungsrisiko. Nach Angaben südafrikanischer Wissenschaftler, die die Variante als erste identifizierten, könnte Omikron wegen der ungewöhnlich vielen Mutationen – unter Experten bereits „Frankenstein-Mix“ genannt – noch ansteckender als Delta sein und die Wirksamkeit der Impfstoffe umgehen. Biontech und Moderna haben vorsichtshalber bereits begonnen, ihre Vakzine an Omikron anzupassen. Laut dem Virologen Christian Drosten könne im Moment keiner sagen, was auf uns zukomme: „Das Einzige was man wirklich mit Sicherheit sagen kann: Es ist besser, wenn man geimpft ist. Es ist noch besser, wenn man geboostert ist.“ Auf jeden Fall taucht die Variante in immer mehr Ländern auf – zuletzt etwa in Kanada, Österreich und der Schweiz. Nach bestätigten Fällen in Bayern und Hessen gibt es auch Verdachtsfälle in Essen, Düsseldorf und Kleve. Für den Virologen Klaus Stöhr ist die Ausbreitung nicht mehr zu verhindern – obwohl viele Länder den Flugverkehr mit dem südlichen Afrika eingestellt haben.

In Südafrika selbst geht man davon aus, dass Omikron zu einem explosionsartigen Anstieg der Neuinfektionen führen wird. Er rechne bis zum Ende der Woche mit mehr als 10 000 Fällen pro Tag, sagte der Epidemiologe Salim Abdool Karim am Montag. Am Sonntag hatte es 2800 Neuansteckungen gegeben. In der Vorwoche waren es im Schnitt 500 pro Tag. Allerdings waren bei den jungen Infizierten die Verläufe zumeist relativ mild. Trotzdem hat sich die Zahl der Klinikeinweisungen in der Provinz Gauteng, dem Epizentrum des neuen Ausbruchs, in vier Wochen mehr als verdoppelt.

Lässt sich Omikron per Schnelltest erkennen? Laut der Virologin Sandra Ciesek ist das so. Bei den bisher in Deutschland bestätigten Fällen hätten auch die Schnelltests von drei Herstellern angeschlagen. Das Problem: Die Qualität der Schnelltests ist generell sehr unterschiedlich. Das Paul­-Ehrlich-Institut hat 122 Antigen-Schnelltests auf ihre Fähigkeit untersucht, Sars-Cov-2 tatsächlich nachzuweisen. Ergebnis: 96 erfüllten die Anforderungen, 26 fielen durch. Die Positivliste ist auf der Internetseite der Behörde nachlesbar. Als sicherer gelten PCR-Tests, die laut Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr Omikron „genauso sicher“ wie Alpha oder Delta erkennen.

Wer ist der Krisenstabschef Carsten Breuer? Die Ampel-Koalition will offenbar von Portugal und Italien lernen: Wie dort soll künftig ein Militär den Kampf gegen die Pandemie anführen. Die allermeisten Bürger dürften den Namen des Zwei-Sterne-Generals allerdings noch nie gehört haben: Carsten Breuer. Offiziell bestätigt wurde die Personalie noch nicht, aber die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann lobte bereits: „Ein hervorragender Mann mit großer Expertise in solchen Situationen“. Expertise hat der 56 Jahre alte gebürtige Sauerländer in der Tat: Er ist seit 2018 Kommandeur des Kommandos Territoriale Aufgaben der Bundeswehr, zuständig also für die Organisation von Einsätzen der Streitkräfte im Inland. Das war zuletzt vor allem Corona, aber auch Hilfe bei der Flutkatastrophe, im Kampf gegen Schweinepest, Waldbrände oder Schneemassen. Daher ist Breuer mit einer zentralen Schnittstelle bereits bestens vertraut; der zu den einzelnen Bundesländern nämlich.

Was soll der Krisenstab machen? Das vom noch amtierenden CDU-Minister Jens Spahn geführte Bundesgesundheitsministerium legte am Montag Wert auf die Feststellung, dass es schon einen Krisenstab gebe. Unter Leitung von Gesundheits- und Innenministerium komme das Ende Februar 2020 eingesetzte Gremium in dieser Woche zu seiner 99. Sitzung zusammen. Die Ampel aber will das Ganze nun auf höchster Etage ansiedeln: Im Kanzleramt nämlich. Der designierte Kanzler Olaf Scholz (SPD) sprach von einem „ständigen Bund-Länder-Krisenstab“. Dieser soll auch nach Ansicht der scheidenden Kanzlerin Angela Merkel (CDU) „möglichst bald“ die Arbeit aufnehmen, also wohl noch vor der Vereidigung der neuen Regierung. Die genauen Aufgaben stehen noch nicht fest. „Er wird die Lage kontinuierlich begutachten und beobachten und die Umsetzung der Beschlüsse prüfen“, so Scholz. Dass auch dieses Gremium nicht frei von Kompetenzgerangel sein dürfte, zeigte die umgehende Forderung von Städtetagspräsident Markus Lewe: „Die Städte gehören mit an den Tisch“.

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Erstellt:
30.11.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 10sec
zuletzt aktualisiert: 30.11.2021, 06:00 Uhr

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