Kathrin Kammerer über Ehrenamt und Engagement

Weltbeste Schlachtplatten, gigantischer Zusammenhalt

In Bühl hat sie gerade angefangen, in Kiebingen ist sie schon vorbei: die Schlachtplattenzeit. Wenn die Vereine in den Dörfern im Herbst zu ihren Sichelhenken und Kirben einladen, dann halten und helfen für ein Wochenende alle zusammen.

14.09.2018

Von kk

Kathrin Kammerer springt bei der Schlachtplatte gern als Bedienung ein. Archivbild: Faden

Kathrin Kammerer springt bei der Schlachtplatte gern als Bedienung ein. Archivbild: Faden

Die feucht-fröhlichen Party-Abende und die heißbegehrten Schlachtplatten finanzieren den Vereinen meist den ganzen Jahresbetrieb. Doch die Feste haben neben dem finanziellen Aspekt noch einen mindestens genauso wichtigen Nebeneffekt.

Bühls Musikvereins-Vorsitzender Bernhard Weber und seine Mitstreiter nehmen sich bis zu fünf Tage Urlaub, wenn die Sichelhenke wieder ansteht. Dann muss das Zelt aufgebaut werden, dann müssen 900 Kilogramm Sauerkraut gekocht und 2000 Leber- und 1500 Blutwürste hergestellt werden. Insgesamt eineinhalb Tonnen Fleisch werden fürs Fest verarbeitet. Wenn die anderen Besucher bis tief in die Nacht feiern, dann arbeiten die Musiker und ihre Familien hinter den Ständen, zapfen Bier und behalten den Überblick übers Fest. 140 Helfer sind in Bühl dabei.

„Es bedarf schon eines gewissen Zuspruchs“, gibt Weber zu, „wenn man wirklich alle Schichten besetzen will“. Aber es funktioniere trotzdem immer wieder, Jahr für Jahr. Weber ist seit 43 Jahren im Musikverein. Schon sein Vater war ein Musiker, und auch sein Sohn hilft seit einigen Jahren tatkräftig mit. „Als Jugendlicher lernt man bei solchen Festen, dass man sich auch engagieren muss und dass man nicht nur die positiven Seiten mitnehmen kann“, sagt Weber. Verantwortungsbewusstsein, Engagement, Zusammenhalt: Es steckt also noch viel mehr hinter so einem Fest-Wochenende. Vereinsgemeinschaften binden junge Menschen und verhindern, dass die Dörfer ausbluten.

Und so ein Fest ist auch ein Aushängeschild für den Ort: Sowohl Kiebingen als auch Bühl sind bekannt für ihre Schlachtplatten. Als in Kiebingen zum Abschluss am Montag nochmal 1400 Besucher das Zelt stürmten, waren selbst die festerprobten Musiker platt. Mit so einem Ansturm hatten sie nicht gerechnet – und am Ende gingen sogar die Weckle und das Fleisch aus.

Wie viel Sauerkraut kochen eigentlich die Kiebinger für ihr Fest? Darüber schweigt sich Heribert Baur aus dem Metzger-Team hartnäckig aus: „Wir geben keine Zahlen raus.“ Aber an einem bestehe ja nun wirklich kein Zweifel: „Unsere Schlachtplatte ist die Beste.“

Ob man nun die Kiebinger Blutwurst mit Grieben oder die Bühler Variante ohne bevorzugt – klar ist, dass die ehrenamtlichen Fleckenfeste etwas ganz besonderes sind.

In Kiebingen blickt man derweil mit Sorge in die Herbstfest-Zukunft, denn durch den Neubau der B 28 wird ein Teil des Festplatzes wegfallen. Ob die Veranstaltung dort trotzdem weiter stattfinden kann, ist unklar, sagt Vorstand Michael Raidt. Die Gespräche über die Zukunft von Platz und Festen laufen: „Es wäre ein Einschnitt, wenn das wegfällt.“ Auch viele Schlachtplattenliebhaber von außerhalb würden das sicher bedauern: Denn ein Supermarkt-Aufschnitt schmeckt halt doch lange nicht so gut wie eine Kiebinger Schlachtplatte in Gesellschaft.