Nationalelf

Umbruch unter Vorbehalt

Joachim Löw setzt beim 3:0 gegen Russland zehn Spieler ein, die jünger als 24?Jahre sind. Doch für einen Titel benötigt er auch erfahrene Spieler.

17.11.2018

Von GEROLD KNEHR

Die neue Generation in der DFB-Auswahl (von rechts): Timo Werner, Leroy Sane und Kay Havertz bejubeln Serge Gnabrys Treffer zum 3:0-Endstand. Foto: Robert Michael/afp

Die neue Generation in der DFB-Auswahl (von rechts): Timo Werner, Leroy Sane und Kay Havertz bejubeln Serge Gnabrys Treffer zum 3:0-Endstand. Foto: Robert Michael/afp

Leipzig. Lichtblicke am Ende eines düsteren Jahres. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat beim 3:0 gegen Russland in Leipzig gezeigt, dass der WM-Vorrunden-Aus im Sommer nicht unbedingt als Beginn einer längeren Talfahrt angesehen werden muss. Bestenfalls war es ein Ausrutscher – falls die richtigen Schlüsse daraus gezogen werden. Die Phase der Selbstzufriedenheit, die nach dem WM-Titel 2014 in Brasilien begann und im Gewinn des Confed-Cups 2017 in Russland kulminierte, scheint beendet. Nun ist neuer Ehrgeiz spürbar: der Hunger und die Gier, wieder den Anschluss an die Weltspitze zu finden.

Die DFB-Auswahl hat wieder eine Perspektive. Mit einem Durchschnitt von 24,4 Jahren war die Startformation gegen Russland jung besetzt. Die Jungen haben fast ausnahmslos gezeigt, dass mit ihnen zu rechnen sein wird. Von den drei Stürmern trafen zwei. Leroy Sane (22 Jahre) gelang sein erstes Länderspieltor zum weichenstellenden 1:0. Serge Gnabry (23) traf in seinem vierten Länderspieleinsatz zum vierten Mal, was den 3:0-Endstand ergab. Das 2:0 hatte mit Niklas Süle (23) ebenfalls ein jüngerer Spieler erzielt, der für den Defensivbereich zuständig ist. Leer vom Stürmertrio ging lediglich Timo Werner (22) aus – ausgerechnet der Leipziger Lokalmatador.

Zwei weitere Youngster erwiesen sich als wertvolle Kräfte und vielversprechende Zukunfts-Optionen. Der gebürtige Tübinger Thilo Kehrer (22) belebte das rechte Mittelfeld, und der erst 19 Jahre alte Kai Havertz überraschte bei seinem ersten Länderspieleinsatz von Beginn an auf der zentralen Mittelfeldposition. Er war es, der Gnabrys 3:0 mit einem sezierenden Steilpass vorbereitet hatte.

„Wir hatten in der ersten Halbzeit von hinten heraus ein sehr gutes Tempo und haben so Dynamik aufgebaut. Wichtig waren die Laufwege in die Tiefe. Ich wollte bei den Offensivspielern einen Killerinstinkt sehen. Wir haben dieses Mal im letzten Drittel des Spielfeldes die Dynamik gehalten. Das erste und das dritte Tor waren schön herausgespielt“, freute sich Joachim Löw.

Zwei Spieler hob der Bundestrainer hervor. „Kai Havertz ist für seine 19 Jahre schon sehr weit und abgeklärt. Ich kann ihn mir für eine Schlüsselposition vorstellen“, pries er den Leverkusener. Auch der Münchner Gnabry bekam ein Löw?sches Lobkärtchen: „Er ist beweglich, kann den Ball halten. Er setzt es vorne im Zentrum am besten um.“

Mehrere Varianten

Zudem hat Löw Alternativen, personell wie taktisch. Außer Sane, Gnabry und Werner könnten auch der in Leipzig wegen einer Fußprellung ausgefallene Marco Reus, Julian Brand und Thomas Müller den Dreier-Angriff bilden. In der Defensive baute Löw wie zuletzt auch beim 1:2 in Frankreich auf eine Dreier-Abwehrkette. Diese Formation soll aber nicht die Dauerlösung sein. „Wir haben auch mit der Viererkette gute Erfahrungen gemacht. Es ist gut, wenn man beide Varianten spielen kann.“

Neun Spieler des derzeitigen Kaders sind 1995 und 1996 geboren: Julian Brandt, Serge Gnabry, Leon Goretzka, Patrick Kehrer, Joshua Kimmich, Leroy Sane, Niklas Süle, Jonathan Tah und Timo Werner. Dazu kommt Havertz (Jahrgang 1999). „Es ist gut vorstellbar, dass sie einmal das Gerüst der Mannschaft bilden werden. Aber sie müssen konstant Leistung bringen. Das ist noch nicht der Fall. Bei Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm war dies nicht anders, als sie 22 oder 23 Jahre alt waren“, warnt Löw vor übertriebenem Jugendwahn. „Eine Mannschaft, die auf Top-Niveau agieren will, braucht einen guten Mix. Nur mit jungen Spielern ist es schwer, um Titel zu spielen. Genau das aber wollen wir 2020“, sagt Löw. Dann wird die Europameisterschaft in zwölf Städten ausgetragen.

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Erstellt:
17.11.2018, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 47sec
zuletzt aktualisiert: 17.11.2018, 06:00 Uhr

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