Friedenspreis

Weithin hörbare Stimme Afrikas

Der Börsenverein zeichnet die?Autorin und Filmemacherin Tsitsi Dangarembga aus Simbabwe aus.

22.06.2021

Von DPA

Zeigt Konflikte auf: Tsitsi Dangarembga aus Simbabwe. Foto: Daniel Roland/afp

Zeigt Konflikte auf: Tsitsi Dangarembga aus Simbabwe. Foto: Daniel Roland/afp

Frankfurt/Main/Harare. Als erste schwarze Frau erhält Tsitsi Dangarembga aus Simbawbe den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Die Autorin und Filmemacherin sei „nicht nur eine der wichtigsten Künstlerinnen ihres Landes, sondern auch eine weithin hörbare Stimme Afrikas in der Gegenwartsliteratur“, teilte der Stiftungsrat mit.

Hierzulande muss die Stimme erst noch entdeckt werden. Bisher ist von der 62-jährigen Dangarembga nur ein Buch übersetzt. Dabei hat sie auch privat enge Beziehungen zu Deutschland.

In ihrer Romantrilogie beschreibt Dangarembga am Beispiel einer heranwachsenden Frau den Kampf um das Recht auf ein menschenwürdiges Leben und weibliche Selbstbestimmung in Simbabwe. Die Jury schreibt: „Dabei zeigt sie soziale und moralische Konflikte auf, die weit über den regionalen Bezug hinausgehen und Resonanzräume für globale Gerechtigkeitsfragen eröffnen.“

In ihren Filmen thematisiert sie Probleme, die vom Aufeinandertreffen von Tradition und Moderne entstehen. Begleitet wird ihr künstlerisches Schaffen vom Engagement, die Kultur in ihrem Land zu fördern und sie besonders für Frauen zu öffnen.

Gleichzeitig kämpft Dangarembga für Freiheitsrechte und gegen Korruption. Als sie 2020 zur Teilnahme an einer Anti-Korruptions-Demo aufrief, wurde sie für kurze Zeit inhaftiert und auf Bewährung wieder freigelassen.

„Als jemand, der seit Jahrzehnten über mein Land schreibt, bin ich wirklich froh, dass dieser Preis die Themen meines Schreibens ins Rampenlicht rückt“, sagte Dangarembga der dpa. Der Preis richte sich nach außen, „in andere Ecken der Welt“, und zeige damit, „dass wir ein Teil der globalen Gesellschaft sind, die wir jetzt haben“.

Tsitsi Dangarembga wurde am 14. Februar 1959 in Mutoko im damaligen Rhodesien, dem heutigen Simbabwe, geboren. Sie studierte in ihrem Heimatland Psychologie und schrieb ihre ersten Theaterstücke. 1988 erschien ihr Debüt-Roman „Nervous Conditions“ als erster Teil einer autobiografisch geprägten Trilogie. 2006 wurde „The Book of Not“ veröffentlicht, 2018 „This Mournable Body“.

„Dies ist der Roman, auf den wir gewartet haben“, urteilte die Nobelpreisträgerin Doris Lessing bei Erscheinen von „Nervous Conditions“. Dieses Buch „wird ein Klassiker“.

Der britische Sender BBC setzte den Titel auf die Liste der 100 Bücher, die die Welt verändert haben. In Deutschland erschien der erste Band erst 2019 unter dem Titel „Aufbrechen“, übersetzt von Ilija Trojanow, in dem kleinen Berliner Verlag Orlanda.

Die Mitarbeiter waren beim African Book Festival in Berlin auf Dangarembga aufmerksam geworden, das diese 2019 kuratiert hatte. Der dritte Band folgt unter dem deutschen Titel „Überleben“ im September. Das mittlere Buch, für das rechtliche Fragen ungeklärt waren, soll baldmöglichst folgen, sagte Geschäftsführerin Annette Michael: „Wir hoffen, dass der Preis dazu beiträgt, die Sichtbarkeit für weibliche afrikanische Literatur zu erhöhen.“

In den 1990er Jahren wandte sich Dangarembga verstärkt dem Film zu. In Berlin studierte sie von 1989 bis 1996 Filmregie. 1992 gründete sie in Harare eine Filmproduktionsfirma.

Mit zehn „Anne Frank“ gelesen

Mit einem „African Women Filmmakers Hub“ unterstützt sie afrikanische Filmemacherinnen. Im Jahr 2000 kehrte sie mit ihrem deutschen Ehemann Olaf Koschke nach Afrika zurück. Das Paar hat drei erwachsene Kinder.

„Meine Beziehung zu Deutschland begann als junges Mädchen“, sagte Dangarembga. Sie ist im früheren Rhodesien aufgewachsen, in dem die weiße Regierung unter Ian Smith die schwarze Bevölkerung systematisch unterdrückt hat. Mit zehn Jahren las sie „Das Tagebuch der Anne Frank“, in der sie sich „natürlich in einem weniger starken Ausmaß“ wiederkannte. „Ich habe mir selbst Deutsch beigebracht und interessiere mich seitdem für das Land.“

Der Friedenspreis ist mit 25?000 Euro dotiert. Geehrt werden Persönlichkeiten, die in Literatur, Wissenschaft oder Kunst zur Verwirklichung des Friedensgedankens beigetragen haben. Der Börsenverein vergibt den Friedenspreis seit 1950. dpa

Zum Artikel

Erstellt:
22.06.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 50sec
zuletzt aktualisiert: 22.06.2021, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Sie möchten diesen Inhalt nutzen? Bitte beachten Sie unsere Hinweise zur Lizenzierung.

Push aufs Handy

Die wichtigsten Nachrichten direkt aufs Smartphone: Installieren Sie die Tagblatt-App für iOS oder für Android und erhalten Sie Push-Meldungen über die wichtigsten Ereignisse und interessantesten Themen aus der Region Tübingen.

Newsletter


In Ihrem Benutzerprofil können Sie Ihre abonnierten Newsletter verwalten. Dazu müssen Sie jedoch registriert und angemeldet sein. Für alle Tagblatt-Newsletter können Sie sich aber bei tagblatt.de/newsletter auch ohne Registrierung anmelden.
Das Tagblatt in den Sozialen Netzen
    
Faceboook      Instagram      Twitter      Facebook Sport
Newsletter Recht und Unrecht
Sie interessieren sich für Berichte aus den Gerichten, für die Arbeit der Ermittler und dafür, was erlaubt und was verboten ist? Dann abonnieren Sie gratis unseren Newsletter Recht und Unrecht!