Nur die Spitze des Eisbergs

Wegen bandenmäßigen Betrugs verurteilte das Landgericht vier Männer zu mehrjährigen Haftstrafen

Gefasst nahmen die vier Angeklagten das Urteil der 3. Großen Strafkammer des Tübinger Landgerichts zur Kenntnis. Drei von ihnen müssen ins Gefängnis, einer bleibt auf Bewährung frei.

14.08.2018

Von koe

Symbolbild: Sommer

Symbolbild: Sommer

Das Gericht sprach sie des gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetrugs und der Urkundenfälschung schuldig. In unterschiedlicher Besetzung hatten sie mit gestohlenen Identitäten vor allem teure Kleidung und hochwertige Mobiltelefone übers Internet bestellt, ohne dafür zu bezahlen.

Alle vier waren geständig und ließen sich auf eine Verständigung mit der Kammer ein. Anders verhielt es sich mit den beiden übrigen Angeklagten. Rechtsanwalt Marius Meurer erklärte, dass sein Mandant sich gegen die Verständigung ausspricht. In seinem Fall geht die Hauptverhandlung deshalb weiter. Das gleiche gilt für den 19-Jährigen, der bislang als Mittäter angeklagt war. Inzwischen spricht die Anklage von Beihilfe. Die einzelnen Fälle müssen aber noch aufgeklärt werden.

Richter Armin Ernst sprach von einem „ungewöhnlichen Verfahren“, was den Umfang angeht. Indem die Männer geständig waren und sich auf eine Verständigung einließen, ersparten sie dem Gericht, zahlreiche Zeugen anreisen zu lassen. Dies wirkte sich strafmildernd aus. Ernst bedauerte, dass man nicht aufklären konnte, „wie die Arbeitsweise in der Organisation letztendlich funktionierte“. Klar ist: Dahinter muss ein bundesweites Netzwerk gestanden haben. Doch „nur die Spitze des Eisbergs“ habe auf der Anklagebank gesessen, so Staatsanwältin Nicole Luther.

Ebenfalls strafmildernd wirkte sich aus, dass die Einkäufe ohne Vorkasse möglich waren: „Das System Internet-Einkauf hat es ihnen auch leicht gemacht“, sagte Luther. Richter Ernst sprach vom Abstumpfungseffekt bei Taten „durch Mausklick“. Außerdem hielt das Gericht ihnen zugute, dass sie fast alle in schwierigen familiären Verhältnissen im Benin aufwuchsen. Andererseits hätten sie, so Ernst, „ein Stück weit das Gastrecht missbraucht“.

Den mit 33 Jahren ältesten der Männer verurteilte das Gericht zu drei Jahren und elf Monaten Gefängnis, einen 27-Jährigen zu zwei Jahren auf Bewährung, einen 23-Jährigen zu drei Jahren und acht Monaten, und den mit 18 Jahren Jüngsten der Truppe zu einer Jugendstrafe von zweieinhalb Jahren.

Info

Vorsitzender: Armin Ernst, Beisitzer: Diana Scherzinger, Simon Müller; Anklage: Nicole Luther, Nicolaus Wegele; Verteidiger: Eckhard Schmidt, Christian Niederhöfer, Marc-Aurel Walter, Andreas Eggstein, Reinhold Fingerle, Marius Meurer, Markus Chilcott; Jugendgerichtshilfe: Klaus Hasenmaier; Dolmetscherinnen: Ursula Bürkert, Annette Dürr.

Zum Artikel

Erstellt:
14.08.2018, 22:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 03sec
zuletzt aktualisiert: 14.08.2018, 22:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Sie möchten diesen Inhalt nutzen? Bitte beachten Sie unsere Hinweise zur Lizenzierung.

Push aufs Handy

Die wichtigsten Nachrichten direkt aufs Smartphone: Installieren Sie die Tagblatt-App für iOS oder für Android und erhalten Sie Push-Meldungen über die wichtigsten Ereignisse und interessantesten Themen aus der Region Tübingen.

Newsletter


In Ihrem Benutzerprofil können Sie Ihre abonnierten Newsletter verwalten. Dazu müssen Sie jedoch registriert und angemeldet sein. Für alle Tagblatt-Newsletter können Sie sich aber bei tagblatt.de/newsletter auch ohne Registrierung anmelden.
Das Tagblatt in den Sozialen Netzen
    
Faceboook      Instagram      Twitter      Facebook Sport
Newsletter Wirtschaft: Macher, Moneten, Mittelstand
Branchen, Business und Personen: Sie interessieren sich für Themen aus der regionalen Wirtschaft? Dann bestellen Sie unseren Newsletter Macher, Moneten, Mittelstand!