Corona-Unterricht

Warum nicht eine Plattform für alle Schüler?

Bildungsexperten fordern ein einheitliches Fernunterrichtssystem für alle Bundesländer. Doch die Digitalisierung der Schulen zieht sich weiter hin.

18.01.2021

Von Michael Gabel

Eine Lehrerin in NRW und ihre Tochter sitzen an der Plattform „Padlet“. Jedes Bundesland setzt auf eigene Lösungen. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Eine Lehrerin in NRW und ihre Tochter sitzen an der Plattform „Padlet“. Jedes Bundesland setzt auf eigene Lösungen. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Angesichts der Probleme beim Fernunterricht an den Schulen fordern Experten ein höheres Tempo bei der Digitalisierung. Die Pläne von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) für eine bundesweite digitale Lernplattform seien unausgegoren, sagte die Bildungsexpertin der Grünen-Bundestagsfraktion, Margit Stumpp, dieser Zeitung. Der Branchenverband Bitkom bemängelte, es sei „nicht zielführend, dass viele Bundesländer an einer eigenen Lösung arbeiten“. Besser wäre es, schnell ein bundeseinheitliches Angebot an Lernplattformen zu entwickeln.

Bundesbildungsministerin Karliczek hatte im Herbst vergangenen Jahres die „schrittweise Entwicklung einer Bildungsplattform durch den Bund“ bekanntgegeben. Ziel sei es, die Systeme der Länder zu vernetzen und auf diese Weise Lehrmaterialien und Prüfungsinhalte für alle Bildungsbereiche bereitzustellen. Da Bildungspolitik aber Ländersache ist, wolle man die Plattform nur als Angebot verstehen, bei dem sich die Länder bedienen dürfen.

„Unausgegorene Lösungen“: Margit Stumpp (Grüne). Foto: Stella von Saldern

„Unausgegorene Lösungen“: Margit Stumpp (Grüne). Foto: Stella von Saldern

Die Grünen-Politikerin Stumpp monierte, dass konkrete Vorgaben zur Umsetzung noch immer auf sich warten ließen. Es fehle die „Koordination, damit nachher nicht 16 oder gar 17 unausgegorene Lösungen nebeneinander stehen“, sagte sie. Sie warb in diesem Zusammenhang für ihre Idee einer „Bundeszentrale für digitale und Medienbildung“. Gäbe es eine solche Einrichtung bereits, könnten die bereits vorhandenen digitalen Lerninhalte viel besser „zusammengetragen, eingeordnet, geprüft und nutzerfreundlich zusammengetragen werden“.

Tempo ist beschämend

Kritik am langsamen Tempo der Digitalisierung kommt auch von der FDP. Die Liberalen weisen darauf hin, dass die längst beschlossene Anschaffung von Leih-Laptops für Lehrkräfte immer noch nicht erfolgt sei. „Dass es Bund und Länder bis heute nicht geschafft haben, die Vereinbarung zur Anschaffung der Lehrer-Laptops zu unterzeichnen, ist einfach nur beschämend“, betonte der Digitalexperte der FDP-Fraktion, Torsten Herbst.

Beim Bund verweist man auf Abstimmungsprobleme mit den Ländern. Zu den Lehrer-Laptops lägen dem Bundesbildungsministerium noch nicht alle Unterschriften aus den Ländern vor, wo „die Kabinette, teilweise auch die Parlamente“ mit dem Thema befasst seien, hieß es auf Anfrage. Die letzten Unterschriften werden in der zweiten Januarhälfte erwartet. Auch bei der digitalen Lernplattform besteht offenbar noch erheblicher Gesprächsbedarf zwischen Bund und Ländern. Ministerin Karliczek sprach von einem „ambitionierten Programm“, bei dem unter anderem noch die Finanzierung zu klären sei.