E-Mobilität

Wallboxen für alle: Das müssen Mieter und Eigentümer wissen

Reicht der Hausanschluss? Wie steht es um den Brandschutz? Mieter und Eigentümer müssen ihre Rechte und Pflichten kennen, wenn sie Ladepunkte für E-Autos einrichten wollen.

10.11.2021

Von Julia Kling

Strom zapfen: Schneller als an normalen Steckdosen geht das an einer Wallbox daheim. Foto: Andrea Warnecke/dpa

Strom zapfen: Schneller als an normalen Steckdosen geht das an einer Wallbox daheim. Foto: Andrea Warnecke/dpa

Ulm. Elf Parteien wohnen in dem Mehrfamilienhaus. Stefan Müller hat sich vor knapp zwei Jahren eine der Wohnungen in dem 15 Jahre alten Haus gekauft. Jetzt wollen Müller und sieben weitere Miteigentümer in der hauseigenen Tiefgarage Ladepunkte für E-Autos installieren lassen. „Was zunächst einfach klingt, ist nicht so leicht in die Tat umzusetzen“, sagt er. Denn der bisherige Hausanschluss verfügt über nicht genügend Leistung, um den Strombedarf für die Ladevorgänge zu gewährleisten.

So wie Stefan Müller geht es vielen Wohnungsbesitzern in Deutschland, berichtet Andreas Habermehl vom Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZEVH). „Es gibt in Deutschland sehr viele Anlagen im Bestand, die nicht auf das Laden mehrerer E-Autos ausgelegt sind“, erklärt Geschäftsführer Technik und Berufsbildung. „Vor allem in Gebäuden aus den 1960er und 1970er Jahren gibt es einen höheren Anpassungsbedarf.“

Doch wie sollen Bewohner eines Mehrparteienhauses vorgehen, wenn sie einen Ladepunkt für ein E-Auto möchten? Zunächst sollte abgeklärt werden, ob andere Bewohnerinnen und Bewohner auch Interesse an einem Ladepunkt, einer sogenannten Wallbox haben. „Anhand dieser Info lässt sich prüfen, ob der vorhandene Hausanschluss auch bei einer deutlich höheren Nutzerzahl ausreicht oder nicht“, erklärt Habermehl. Das lasse sich im Rahmen eines Standortchecks von einer Elektrofachkraft abklären, erläutert eine ADAC-Sprecherin. „Diese klärt mit dem Netzbetreiber die verfügbare und mögliche Gebäudeanschlussleistung.“

Haben mehrere Parteien Interesse, sollte sich die Hausgemeinschaft auf eine Ladetechnik einigen, um ein Lademanagementsystem einrichten zu können, rät der ADAC. „Entscheidend ist ein systematisches, gut geplantes und gemeinsames Vorgehen beim Bau von Ladepunkten in Mehrfamilienhäusern“, betont auch eine Sprecherin des Verbands kommunaler Unternehmen. „Das verhindert einerseits ein ,Wer zuerst kommt, lädt zuerst’, andrerseits hohe Kosten und ermöglicht zudem mehr Menschen den Umstieg auf Elektromobilität.“

Schließlich muss vor der Installation die Eigentümerversammlung oder die Wohnungsbaugenossenschaft den Plänen zustimmen. Damit dem Antrag stattgegeben wird, sollten möglichst Vor- und Nachteile sowie die anfallenden Kosten zusammengefasst werden. Wer zur Miete wohnt, muss diesen Antrag bei seinem Vermieter stellen.

Sollte der vorhandene Hausanschluss nicht ausreichen, haben die Betroffenen zwei Möglichkeiten. „Entweder lassen sie den Anschluss ertüchtigten oder sie lassen einen zweiten Hausanschluss nur für die Wallboxen vom Netzbetreiber legen“, sagt Habermehl. Die Ertüchtigung eines Anschlusses könne mit erheblichen Kosten einhergehen. „Ein zweiter Hausanschluss muss zwar auch bezahlt werden, er ist aber häufig einfacher zu realisieren“, erklärt der ZVEH-Experte.

Pro Wohneinheit werden etwa 35 Ampere veranschlagt. „Das entspricht dann aber dem Leistungsmaximum und ist nicht durchgängig abrufbar“, gibt Habermehl zu bedenken. Um über die Nacht, mehrere E-Autos betanken zu können, sei daher ein Lademanagementsystem ratsam. Dieses System verteile die verfügbare Leistung auf mehrere Wallboxen.

Darüberhinaus muss auch der Verteilerkasten ausreichend Platz für die notwendigen Sicherungen, Stromzähler und Schutzschalter bieten, betont der ZEVH-Experte. Ansonsten müsse der Verteilerkasten erweitert werden. Wie hoch die Kosten für die nötigen Anpassungen ausfalle, lasse sich jeweils nur im Einzelfall klären. Um die Lage seriös einschätzen zu können, rät der ADAC sich mindestens zwei Angebote von Elektrofachbetrieben einzuholen.

Durch das Laden in der Tiefgarage entstehen Habermehl zufolge keine erhöhten Anforderungen an den Brandschutz. „Das Laden selber stellt kein erhöhtes Brandrisiko dar.“ Wichtig sei nur bei notwendig werdenden Installationsarbeiten durchbohrte Brandschutzwände danach wieder ordnungsgemäß zu verschließen. Eine Gefahr in Sachen Brandschutz gehe nicht von Wallboxen aus, sondern viel mehr von Ladevorgängen an normalen Steckdosen. Habermehl: „Diese sind für solch eine dauerhafte Belastung nicht ausgelegt. Daher kann es zu einer gefährlichen Erwärmung kommen.“

Wer lädt, zahlt auch

Die Kosten für den Kauf und die Installation einer Wallbox muss der Mieter oder Eigentümer tragen, der die Wallbox möchte. Diese geht damit auch in seinen Besitz über und kann etwa bei einem Auszug mitgenommen werden oder dem Nachmieter überlassen werden.

Seit etwa zwei Jahren fragen immer mehr Vermieter und Wohnungseigentümergemeinschaften bei Stadtwerken Lösungen für Ladepunkte nach, wie eine Sprecherin des Verbands kommunaler Unternehmen erklärt. Mittlerweile seien die Auftragsbücher „prall gefüllt“.

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Erstellt:
10.11.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 02sec
zuletzt aktualisiert: 10.11.2021, 06:00 Uhr

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