Tübingen · Kommentar

Vorbild Vechta: Zuschauern einen Ort rund ums Spiel bieten

Vincent Meissner sucht nach einer Spieltagskultur bei den Tigers

23.11.2019

Von vm

Die Horn-Halle beim Heimspiel der Basketball gegen Schalke im September. Bild: Ulmer

Die Horn-Halle beim Heimspiel der Basketball gegen Schalke im September. Bild: Ulmer

Die Basketball-Euphorie ist zurück in Tübingen. Nach dem 76:72-Heimsieg vergangenen Samstag gegen Bundesliga-Absteiger Eisbären Bremerhaven herrscht bei Zweitligist Tigers Tübingen wieder gute Stimmung. Ein knappes Drittel der regulären Saison ohne Playoffs ist schon wieder rum. Zeit für eine erste kleine Zwischenbilanz.

Wäre die Hauptrunde jetzt vorbei, würde Tübingen erstmals in seiner Geschichte an Playoffs teilnehmen. Als Tabellensiebter ginge es gegen den Zweiten Bremerhaven. Und dass die Tigers die Eisbären schlagen können, haben sie ja gezeigt. Dennoch war der bisherige Saisonverlauf mit 6 Siegen und 4 Niederlagen durchwachsen: Nach den drei Auftaktsiegen gab’s Niederlagen bei den Spitzenteams in Heidelberg und Chemnitz. Die Tigers waren klar unterlegen. Vor allem die Heimniederlage gegen Paderborn wirkte unnötig – und hat viele Zuschauer geärgert. Doch mit dem Sieg gegen Bremerhaven, dem Beweis, dass sie auch gegen ein Topteam bestehen können, haben die Tigers den Anhang versöhnt. Heute haben sie gegen den anderen Bundesliga-Absteiger in Jena die Chance, das zu bestätigen.

Was bei den Tigers diese Saison gut läuft, ist die Verteidigung des eigenen Korbs: Mit 79,3 gegnerischen Punkten im Schnitt hat Tübingen den zweitbesten Wert in der Liga hinter Heidelberg. In den zurückliegenden Jahren war die Defensive – obwohl vielbeschworen – nie das Prunkstück der Tigers. Vergangene Saison waren die Tübinger mit 86 kassierten Punkten sogar das defensiv schwächste Team der Pro A. Und in der Offensive sind die Tübinger schwer ausrechenbar: 7 unterschiedliche Topscorer hatten die Tigers in den 10 bisherigen Spielen.

Sicher, das Niveau in der Pro A – das haben die ersten Wochen auch gezeigt – ist merklich schwächer als in der Bundesliga. Doch darauf kommt es dem Publikum im Zweifelsfall gar nicht an. Wichtig ist den Anhängern, dass sie regelmäßig mit Erfolgserlebnissen verwöhnt werden. Das schüttet die Glückshormone in die Blutbahn aus. Ein paar Fehler sind sogar hilfreich, dann kann beim anschließenden Bier auch kritisch diskutiert werden.

Doch was in Tübingen fehlt, ist eine identitätsstiftende Spieltagskultur rund um die Begegnung. Denn auch das könnte helfen, die Zuschauer – auch in sportlich schwierigeren Zeiten – an den Klub zu binden. Momentan verläuft es sich nach den Spielen in der Paul-Horn-Halle immer recht schnell und jeder macht irgendwie sein eigenes Ding. Außer auf der Galerie, wo die Ehrengäste noch speisen und trinken, ist die Halle schnell leergefegt. Die „Supporters“ ziehen sich in ihre provisorische „Unabsteig-Bar“ auf dem SV 03-Gelände zurück. Ein kleiner Rest trinkt vielleicht noch in der Kälte vor der Halle oder umgeben von kehrenden Putzkräften ein schnelles Bier.

Der „Fantalk“, den der Fanklub „Neckar Tigers“ über Jahre organisiert hat mit Markus Goller als kompetentem und unterhaltsamen Moderator und wechselnden Spielern als Gesprächspartnern, ist aus verschiedenen Gründen eingeschlafen. Und so fehlt dieser gemeinsame identitätsstiftende Ort für Tigers-Anhänger und Basketball-Freunde rund um die Heimspiele.

Bundesligist Rasta Vechta, der Überraschungsklub der vergangenen Saison, könnte da als Vorbild dienen: Nach den Spielen wird im Rasta-Dome das Licht gedimmt und die Musik aufgedreht. Tigers-Trainer Douglas Spradley, der als Coach auch eineinhalb Jahre in Vechta war, berichtet von Besuchern, die extra mit dem Taxi nach dem Spiel in die Halle kommen, um bei der Party dabei zu sein.

So groß angelegt müsste es ja gar nicht gleich sein in Tübingen. Aber ein Ort in oder um die Halle, wo Otto-Normal-Fan nach dem Spiel noch ein Bierchen oder eine Fanta trinken und übers Spiel diskutieren kann – und ab und zu auch mal ein Spieler vorbeischaut, müsste doch machbar sein.

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Erstellt:
23.11.2019, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 50sec
zuletzt aktualisiert: 23.11.2019, 01:00 Uhr

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