Wendelsheimer Abenteurer

Mit dem Rad von Rottenburg nach Windhoek

Mareile Garbade und Marius Thomma aus Wendelsheim starten im Mai auf eine 18 000 Kilometer lange Radtour nach Namibia im Süden Afrikas.

29.04.2019

Von Werner Bauknecht

Mareile Garbade und Marius Thomma in Namibia, der Heimat von ihr. Privatbild

Mareile Garbade und Marius Thomma in Namibia, der Heimat von ihr. Privatbild

Marius Thomma, 27, sang in einer Bar „Teenage Dirtbag“ von Wheatus, Mareile Garbade, 28, gefiel es so gut, dass sie umfiel und sich den Kopf anschlug. Thomma belebte sie im Baywatch- Stil wieder: So lernten sie sich kennen. Ob es wirklich so war, lässt sich nicht mehr überprüfen. Sicher ist aber, dass die zwei seitdem zusammen sind und im Mai auf große Tour gehen. Garbade ist gebürtig aus Windhuk, Namibia, er aus Wendelsheim. Beide studierten Wirtschaftsingenieurwesen und Wirtschaftsinformatik, beide warfen sie ihre Jobs nach drei Jahren bei einem großen IT- beziehungsweise Auto-Konzern hin.

Nun konnte das Leben beginnen. „Geträumt haben wir beide schon immer davon“, sagt Thomma. Vom Reisen. Zuerst nahmen sie Süd- und Zentralamerika ins Visier. Backpacking war angesagt, Reisen mit Rucksack, flexibel, mit wenig Geld und ohne 5-Sterne-Unterkünfte. Acht Monate waren sie unterwegs, alles ging gut. Im Februar 2019 kamen sie zurück.

Beide keine Rad-Tourer

„Die Idee, Afrika mit dem Zweirad zu bereisen, hatte Mareile“, sagt Thomma. Keiner von beiden sei ein Rad-Tourer. Am wenigsten sie. Er hat früher immer wieder mal das Mountainbike eingesetzt und ist sogar Rennrad gefahren in Wendelsheim. Dann stieg er aufs Motorbike um. Wie machen sie sich fit? „Derzeit halten wir uns durch Skifahren in Sölden fit. Dort kellnern wir auch den Winter über.“ Spinning gibt es im Gym, also in der Fitnessbude im Hotel.

Start Rottenburg, Ziel Windhoek, die Heimatstadt Mareile Garbades. Was dazwischen liegt, kann jedem, der die Karte studiert, angst und bange machen. Die beiden wählen die Route über den Osten Afrikas. Die regelmäßigen Nachrichten vermitteln den Eindruck, das ganze Gebiet dort bestehe aus Bürgerkriegen oder sei von Diktatoren beherrscht.

Griechenland, Türkei, Fähre nach Israel, durch das El-Tih-Gebirge nach Kairo, dann durch ganz Ägypten in den Sudan, Äthiopien, Kenia, Uganda. Weiter führt die Tour nach Ruanda, Tansania, Sambia und schließlich vorbei an Botsuana nach Namibia. In Tansania, von Daressalam aus, gönnen sich die beiden einen kurzen Trip mit der Fähre nach Sansibar.

Haben sie keine Angst? „Angst ist das falsche Wort. Wir haben eine ordentliche Portion Respekt, was auch wichtig ist“, sagen sie. Je mehr sie sich mit der Tour befassen, desto mehr steige die Lust, endlich loszuradeln.

Wie kann man sich auf so eine Reise ins Unbekannte vorbereiten? „Hier geht ein großes Dankeschön ans Auswärtige Amt“, sagt Thomma, „zu jedem Land gibt es ausführliche Informationen.“ Als sie die afrikanischen Länder durchgeschaut haben, dachten sie manchmal, am besten verließe man das Haus gar nicht mehr – es sei überall gefährlich. Entführungen von Touristen oder Attacken auf sie erschreckten Thomma und Garbade. Sie lasen Blogs anderer Reisender, manche schrieben sie an und baten um Tipps. Wichtig seien Klimadiagramme, „schließlich will keiner bei 40 Grad im Schatten oder bei einem Monsunregen radeln.“

Sponsoren als Ausrüster

Geradelt wird auf so genannten Expeditionsrädern. Die müssen eine Belastung bis zu 150 Kilo aushalten. „Allein der Wasservorrat, wenn man durch eine Wüste fährt, wiegt unheimlich viel.“ Sie nehmen 26 Zoll Räder mit Stahlrahmen, den könne man überall auf der Welt schweißen. Und für diese Größe gebe es weltweit problemlos Reifen oder Felgen. Etwas Besonderes ist das Rohloff- und Piniongetriebe. „Die Schaltung ist da in der Nabe respektive unten im Rahmen untergebracht. Man muss nie eine Schaltung einstellen“, erklärt Thomma. Ein Solarpanel nehmen sie mit, damit sie Handy und Kamera überall aufladen können. Ein Wasserfilter hilft. dass sie aus jedem Bach und jeder Pfütze trinken können.

Ein großer Teil ihrer Ausrüstung wird gesponsert. „Finanziell ist das eine große Hilfe für uns“, sagt Thomma. Klamotten, Schlafsäcke, Campingkocher bekommen sie Outdoor-Ausrüstern. Wegen der Fahrräder verhandeln sie noch.

120 Waisenkindern helfen

Es ist nicht bloß Abenteuerlust und die Freude am Reisen, was die beiden antreibt. Sie tun nebenher auch Gutes mit ihrem Trip. „Wenn wir unser Abenteuer und die mediale Aufmerksamkeit nutzen können, 120 Waisenkindern im Süden von Namibia eine schulische Ausbildung und ein Dach über dem Kopf zu gewährleisten, dann probieren wir das auch.“

Wie verhalten sich die Eltern und Freunde? Viele fänden es gut, würden es sich aber selbst nicht (zu)trauen. Nicht einverstanden sind Mareile Garbades Eltern. Sie leben in Namibia. Mareile setze sich unnötig dem Schicksal aus. Es sei unmöglich, sich gegen Sonne und Hitze zu schützen, und das über Wochen und Monate.

Marius Thommas Mutter sei hin- und hergerissen. „Ich habe einfach nur Angst um die zwei, aber es ist ein mutiges Abenteuer.“ In Kontakt bleiben können die beiden in Europa übers Smartphone dank Abschaffung der Roaming-Gebühren. In Afrika seien sie aufs WLAN angewiesen. „Aber man fährt ja auch weg, um seine Ruhe zu haben, um abends ohne Empfang am Lagerfeuer zu sitzen und der Natur zu lauschen.“

Ende Mai soll es losgehen. „Wir machen erst noch eine Hockete für Freunde.“ Eineinhalb Jahre wollen sie unterwegs sein. Verfolgen kann man ihre Reise virtuell über ihren Blog unter www.blogomotivetravel.com. Auf Instagram und facebook sind sie als „Biking Baboons“ vertreten.