Verpackungsbranche

Von Plastik zu Papier

Die Hersteller von Folien und Pappkartons kommen gut durch die Corona-Krise. Herausfordernd bleibt die Nachhaltigkeit.

22.01.2021

Von CAROLINE STRANG

Benutzte Verpackungen im Müll: Davon soll in Zukunft weniger entstehen und mehr wiederverwertet werden.  Foto: ©Lightspring/shutterstock.com

Benutzte Verpackungen im Müll: Davon soll in Zukunft weniger entstehen und mehr wiederverwertet werden. Foto: ©Lightspring/shutterstock.com

Ulm. Die Post hat jüngst ein Rekordergebnis gemeldet. Wahre Berge von Paketen wurden vor allem vor Weihnachten ausgeliefert, mehr als je zuvor – auch wegen der Corona-Krise. Da stellt sich die Frage: Profitierte auch die Verpackungsindustrie oder konfrontierte die Krise sie mit neuen Problemen? Das Thema „Nachhaltigkeit“ jedenfalls, da sind sich die Experten einig, wurde in dieser Branche durch das ungewöhnliche Jahr 2020 nicht verdrängt, sondern eher noch verstärkt.

Sven Sängerlaub, Professor an der Hochschule München in einer Fakultät mit Namen „Papier und Verpackung“ und stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Branchenverbands BDVI, fasst die Lage so zusammen: Wegen des E-Commerce-Booms verkaufe besonders die Wellpappenindustrie mehr Verpackungsmaterial. Jedoch führten wirtschaftlichen Turbulenzen, die mit der Corona-Krise einhergehen, nicht zwangsläufig zu höheren Margen. „Nichtsdestotrotz, ist die Verpackungsindustrie in der Coronakrise robuster und weniger davon betroffen als andere Industrien.“

Branche stellt Versorgung sicher

Die Branche werde nun als systemrelevant angesehen. Denn auch Speisen würden häufiger verpackt geliefert. „Die Verpackungsindustrie leistet also einen essentiellen Beitrag zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung und des Warenverkehrs in der Corona-Krise.“ Damit sei auch klar, dass der Verpackungsverbrauch steigen werde.

2019 hat die Branche einen Umsatz von 27 Milliarden Euro verzeichnet, davon gut 18 Milliarden im Inland und fast 9 Milliarden im Ausland. Der Anteil der Papierverpackungsindustrie liegt bei rund 46 Prozent. Es gab 2019 gut 300 Betriebe, die Papierverpackungen herstellten, 260, die Kunststoff produzierten, und jeweils zwischen 40 und 50 Betriebe, die Verpackungen aus Glas, Holz oder Metall anboten.

Harald Schönfeld, Generaldirektor der Rajapack GmbH aus Ettlingen, sagte in ein einer Online-Diskussionsrunde, die Nachfrage sei 2020 gestiegen. Es habe keine Lieferengpässe gegeben, höchstens kurzzeitig bei Fernostware. „86 Prozent der Produkte bezieht Rajapack aus Europa.“

Papacks hat ebenfalls von der Krise profitiert. „Wir produzieren nachhaltige Verpackungen aus natürlich nachwachsenden Rohstoffen, alles ohne Plastik“, erklärt Manuel Leibrock, Vertriebs- und Marketingleiter der Papacks Sales GmbH mit Sitz in Köln.

„Durch die Besinnungsphasen in der Pandemie und durch politische Vorgaben zu Plastikverbot und Plastiksteuer hat sich die aktuelle Zeit für uns sehr positiv ausgewirkt – durch erhöhtes Interesse an umweltfreundlichen Lösungen“, sagt Leibrock. „Die Nachfrage steigt seit 2019 so stark, dass wir gerade im vergangenen Jahr expandiert haben, sowohl mit einer neuen Produktionsstätte in Thüringen wie auch in den Niederlanden und in Köln.“

Schönfeld berichtet von Umfragen, die zeigen, dass 50 Prozent der Abnehmer aktiv nach nachhaltiger Verpackung suchten und bereit seien, dafür bis zu 12 Prozent mehr zu bezahlen. „In Zukunft gibt es keine Geschäfte mehr ohne Nachhaltigkeit.“

Beispiele seien der Wechsel vom PVC- zum Papierband, der Einsatz von recyceltem Material, Verpackung in passender Größe, um Leervolumen zu vermeiden, auch Kartons, die allein durch ihre Faltung die Ware schützen. Die Branche beobachte auch die Entwicklungen im Bereich Mehrwegversandverpackungen.

„Das Thema ,Nachhaltigkeit' wird weiterhin von hoher Bedeutung sein, konkret Rezyklierbarkeit, Vermeidung und Mehrweg“, sagt Sängerlaub. Dabei sei ein wichtiges Thema die Umsetzung des Verpackungsgesetzes. Zum einen sollen künftig mehr Kunststoffverpackungen recycelt werden. Zum anderen sollen mehr Rezyklate, also Produkte eines Recyclingprozesses, für Verpackungen eingesetzt werden.

Die Industrie nehme das Thema sehr ernst, sagt Sängerlaub. „Firmen und Institute entwickeln zum Beispiel Mehrschicht-Monomaterialien, die besser recycelbar sind.“

Als Herausforderung bezeichnet er den Interpretationsspielraum des Begriffes „Nachhaltigkeit“. „Darunter werden in der Verpackungsindustrie verschiedene, zum Teil widersprüchliche Attribute verstanden, zum Beispiel biologische Abbaubarkeit, Recycelbarkeit, Materialreduktion, Ökobilanz, CO2-Bilanz und so weiter.“ Viele Entwicklungen liefen parallel. „Dies ist sinnvoll, weil die Anforderungen so verschieden sind.“

Von Plastik zu Papier