Ofterdingen · Lesung

Von Pfarrerhäusern, Polizei und Politik

Die TAGBLATT-Gutenachtgeschichte macht am Montag Station in Ofterdingen.

30.08.2019

Von Susanne Wiedmann

Dorothee und Albrecht Esche. Privatbild

Dorothee und Albrecht Esche. Privatbild

Unser roter Lesesessel steht am Montag, 2. September, in Ofterdingen. Entweder auf dem Kirchplatz oder – bei Regenwetter – in der Zehntscheune. Die Gutenachtgeschichten werden Dorothee und Albrecht Esche lesen. Eigentlich wollen wir zu den ausgewählten Büchern vorab nicht viel verraten. Aber klar ist: Zum Einschlafen sind sie keineswegs, vielmehr zum Wachrütteln.

Dorothee Esches Buch handelt vom „Schwarzen Donnerstag“, dem 30. September 2010, als die Polizei den Stuttgarter Schlossgarten von Gegnern des Bahnprojekts Stuttgart 21 räumte, Wasserwerfer einsetzte und es letztlich zahllose Verletzte gab. Damals standen auch Dorothee Esche und ihr Mann „vor einer vermummten Phalanx von militanten Hundertschaften, flankiert von Wasserwerfern, deren Rohre sich bedrohlich auf uns friedliche Demonstranten richteten“, erinnert sie sich. Nie könne sie dieses Bild vergessen, weil es ihre bürgerlich-demokratische Vorstellung der „Freund-und-Helfer“-Polizei und des Rechtsstaates zerstörte. Daraus erwuchs ihr politisches Engagement, das das Projekt S 21 als „erschreckendes Beispiel von Machtmissbrauch und Interessenpolitik“ verstehe.

Seit 2010 fährt Dorothee Esche regelmäßig nach Stuttgart, um an den wöchentlichen Montags-Demonstrationen teilzunehmen. Und bereits seit acht Jahren führt sie die „Aktionsgruppe Mössingen/Steinlachtal für K 21“, die sich alle paar Monate im Wirtschäftle der Bioland-Metzgerei Grießhaber in Öschingen trifft.

Längst wohnt das Ehepaar in dem Mössinger Stadtteil. Von 1983 bis 1994 lebten Dorothee und Albrecht Esche im Ofterdinger Pfarrhaus. „Erfüllt mit vier Töchtern sahen manche Leute ihr typisches Pfarrhaus-Bild bestätigt“, sagt Albrecht Esche. Bis seine Frau ihre Pfarrfrauenrolle reduzierte und wieder in den Beruf einstieg. Das habe zu einer Diskussion im Kirchengemeinderat geführt.

Nicht weniger als 22 Jahre (bis 2009) war Dorothee Esche Lehrerin an der Burghofschule und hilft dort immer noch aus, begleitet regelmäßig die Waldtage der ersten und zweiten Klasse. Für ihn, so Albrecht Esche, sei die Ofterdinger Pfarrstelle „auf den Leib geschnitten“ gewesen. Er hätte sich vorstellen können, sein ganzes Berufsleben dort zu bleiben. Hätte er nicht das Angebot erhalten, als Studienleiter für Theologie, Literatur und Kunst an der Evangelischen Akademie Bad Boll (1994-2009) zu arbeiten, was ganz „andere Entfaltungsmöglichkeiten“ bot.

Von Pfarrhäusern und Pfarrerskindern handeln auch Albrecht Esches Gutenachtgeschichten am Montag. Mehr wollen wir noch nicht dazu erzählen.

Dorothee Esche liest gerne Bücher, die ihren Lebenshorizont erweitern: Politik, Natur, Nachhaltigkeit und Gesundheit. Während ihr Mann vor allem über Zeitgeschichte, Biographien, aber auch Klassisches liest. Und noch etwas: Das Engagement seiner Frau gegen Stuttgart 21 begleite er mit „Sympathie und Solidarität“.Susanne Wiedmann

Gutenachtgeschichte mit dem Gospelchor „Friends“

Am Montag, 2. September, um 19 Uhr beginnt die Gutenachtgeschichte, eine gemeinsame Veranstaltung der Ortsbücherei, der Gemeinde Ofterdingen, der Tübinger Buchhandlung Osiander und dem TAGBLATT. Musikalisch umrahmt der Gospelchor „Friends“ den Leseabend. Und die Friends singen nicht nur, sondern bewirten auch ab 18.30 Uhr. Zudem wird ein Bücherflohmarkt aufgebaut. Es moderiert der TAGBLATT-Mitarbeiter und Autor Jürgen

Jonas.