Die Gefährten der Gefährte

Von Leuteschindern und Deichselreitern: In Nehren treffen sich jetzt Einachser-Liebhaber

Nehren wird am Wochenende zum Zentrum für Liebhaber von Einachsern und Schmalspurschleppern: In den Schellenwiesen treffen sich Organisiert hat das Treffen der Sammler Georg Mosbacher.

02.07.2016

Von Jürgen Jonas

Eifriger Sammler von Einachsern und Schleppern: Georg Mosbacher auf seinem Agilo.Bild: Rippmann

Eifriger Sammler von Einachsern und Schleppern: Georg Mosbacher auf seinem Agilo.Bild: Rippmann

Nehren. Was ist ein „Agilo“? Natürlich ein „Handwagen mit Sitzgelegenheit“: eine „motorisierte Schubkarre“, hergestellt bei der Bayerischen Pflugfabrik. Der Nehrener Georg Mosbacher hat auf der Alb ein solches Gerät aus dem Jahr 1962 gefunden, das, schon halb zerfallen, auf einem Schrottplatz der Ewigkeit entgegendämmerte. Er hat es gerettet, auseinandergenommen, repariert, zusammengesetzt und äußerlich aufgemöbelt. Heute und morgen wird es zu besichtigen sein, neben vielen anderen, die aus einigen Ecken Deutschlands anreisen.

Mosbacher hat nicht nur ein Talent dafür, Landmaschinen-Oldtimer aufzuspüren. Er hat es auch geschafft, Einachser-Enthusiasten aus ganz Deutschland zusammenzubringen. Heute und am Sonntag treffen sie sich auf dem Gelände des Kleintierzuchtvereins. Aussteller aus der Region werden kommen, solche aus München, dem Ruhrgebiet und auch aus Bremen. Ein harter Kern absoluter Experten trifft sich da, freut sich auf Begegnungen, auf die Neugier der Besucher und natürlich, der anderen Sammler Exemplare begutachten zu können. Sie kommen mit Anhängern und Wohnwagen, haben sich in Hotels eingemietet, werden sich über die Einachserproduktion informieren.

Die Region galt nach dem Krieg als Einachserschmiede in Deutschland: mit den Firmen Holder in Metzingen, Irus in Dußlingen, Solo in Maichingen, Sturm in Plochingen, FAWI in Waiblingen und AGRIA in Möckmühl. „Leuteschinder“ und „Deichselreiter“ hat man die Landmaschinen genannt. Einachser, erzählt Mosbacher, haben nach dem Krieg Kuh- und Pferdegespanne allmählich abgelöst. Viele Familien konnten sich durch die hilfreichen Maschinen besser selbst versorgen.

Thema des Treffens wird das Mähen sein. Natürlich mit praktischer Vorführung. Die Einachsgesellen werden der Wiese mit Frontmähwerken, Seitenmähwerken und Heckmähwerken zu Leibe rücken. Mit dem Einachser kann natürlich nicht nur gemäht werden: Es gibt etwa 100 Anbaugeräte, die fürs Kartoffelroden oder zum Schneepflügen geeignet sind, freilich auch fürs Giftspritzen. Über eine Mikrofonanlage werden die Zuschauer informiert, über die verschiedenen Einachser-Typen, ihre Eigenarten und Möglichkeiten. Ein Reutlinger kommt mit seinem Dreiradtransporter „Goliath“, transportiert den mit 74 Jahren ältesten Mäher herbei, der im Nachbarort Dußlingen gebaut wurde.

Mosbacher verspricht für die Moderation „Unterhaltungswert.“ Zusätzlich werden Filme gezeigt: etwa „Tractor on the ocean“ von 1962, der schildert, wie Weinberg-Raupen damals nach Afrika verschifft wurden, weil man der dortigen Landwirtschaft unter die Arme greifen wollte.

Bei den Kleintierzüchtern stieß das Mosbachersche Vorhaben auf offene Ohren: Vorstand Hartmut Rinn war gleich einverstanden, die Bewirtung der Zuschauer werden Mitglieder des Vereins übernehmen, im Gastraum gibt es Kartoffelsalat mit würstlichen Beilagen.

Martha und Georg Mosbacher leiteten mal ein Optiker-Fachgeschäft in Tübingen, haben ein gemeinsames Hobby: das Filmemachen. Die Einachser indes sind Mosbachers Ding. „Solange sie nicht im Schlafzimmer stehen...“, sagt Martha seufzend. Als ihr Mann wieder mal beim Transport eines stark renovierungsbedürftigen Einachsers gesichtet wurde, erntete er die Bemerkung eines Nachbarn, der für seinen Teil feststellte: „Ich bring‘ meinen Schrott zum Schromet.“ Sie freut sich aufs „Schrott-Treffen“, hat ein Logo entworfen, für die Schilder zur Einweisung der Aussteller, die einen stilisierten Mäher mit einem Einachser zeigen, in der Art von Playmobil-Spielgerät.

Seit Mosbacher zum ersten Mal pflügte, weiß er, dass die Arbeit mit den Gefährten starken körperlichen Einsatz erfordert: „Wenn ich alle noch reparieren will, die ich gelagert habe, muss ich über 100 werden.“ Er hat sich Faktenwissen über die Geräte zusammengeackert, basierend auf einer umfangreichen Fachbibliothek, die er im Lauf der Jahre zusammengetragen hat. Zusätzlich hat er einschlägige Magazine abonniert, den „Goldenen Pflug“ etwa, die „agrarhistorische Zeitschrift für Freunde und Förderer des Deutschen Landwirtschaftsmuseums“ in Hohenheim oder die „Schlepperpost“. Mosbacher hofft nun auf viele Gäste und eine baldige Wiederholung des Treffens: „Die Einachserkultur hat einen Ursprung im Steinlachtal.“

Zeitplan Schleppertreff

Am heutigen Samstag und am morgigen Sonntag treffen sich die Schlepperfreunde beim Kleintierzüchterheim Nehren, Schellenwiesen 3. Es gibt Essen und Getränke. Heute beginnt das Programm gegen 14 Uhr, morgen bereits gegen 11 Uhr mit Vorführungen.