Grabenstetten

Nach der Höhlenrettung: Leichtsinn oder nicht?

Trotz des zu erwartenden Regens stieg der Guide am Sonntag mit einem Touristen in die Falkensteiner Höhle ein. Jetzt regt sich heftige Kritik.

29.07.2019

Von Uschi Kurz

Nach dem glücklichen Ausgang beantwortet Einsatzleiter Michael Hottinger von der Höhlenrettung Baden-Württemberg viele Fragen. Bild: Thomas Thiel

Nach dem glücklichen Ausgang beantwortet Einsatzleiter Michael Hottinger von der Höhlenrettung Baden-Württemberg viele Fragen. Bild: Thomas Thiel

Am Montagvormittag ist kurz nach 11 Uhr die erlösende Nachricht gekommen: Auch der zweite Mann wurde aus der Falkensteiner Höhle gerettet. Damit ging ein spektakulärer 18-stündiger Einsatz zu Ende, an dem allein 36 Helfer der Höhlenrettung Baden-Württemberg beteiligt waren. Zudem waren rund 50 Kräfte von Feuerwehr und Rettungsdiensten vor Ort.

Der Guide und sein 26-jähriger Kunde waren am Sonntagmittag in die Höhle eingestiegen. Wenig später wurde ihnen aufgrund des steigenden Wasserspiegels der Rückweg abgeschnitten. Sie saßen in der so genannten Reutlinger Halle fest. Um 17.19 Uhr wurde die Höhlenrettung Baden-Württemberg alarmiert. Wohl von einem anderen Anbieter, der sich entschlossen hatte, seine Tour aus Sicherheitsgründen noch vor dem ersten Siphon zu beenden. Sie verließen die Höhle wieder und posteten später auf ihrer Facebook-Seite: „Wir haben dann auch letztendlich den Notruf für diesen Einsatz ausgelöst.“

Zwei Höhlentaucher versuchten, zu den beiden Eingeschlossenen vorzudringen, die sich in der Reutlinger Halle, etwa 500 Meter vom Eingang entfernt, befanden. Allerdings war die Strömung der Elsach, die in der Höhle entspringt, zu stark. Später am Abend trafen vier erfahrene Spezialisten der Höhlenrettung Baden-Württemberg ein, denen es schließlich gelang, durch den schmalen Siphon zu tauchen. Danach bestand Kontakt zu den in der Höhle eingeschlossenen Männern. Diese wurden mit Wärmedecken und warmem Essen versorgt.

Noch in der Nacht wagte dann der Guide gemeinsam mit einem Höhlenretter den Tauchgang, der ihn wieder an die Oberfläche brachte. Am späten Montagvormittag gelang dies auch seinem Kunden. Der Einsatz in Grabenstetten, an dem mehr als 80 Rettungskräfte beteiligt war, fand damit ein glückliches Ende. Was bleibt, ist die Kritik am Vorgehen des Guides: Er hatte sich zu der Tour entschlossen, obwohl es bereits am Freitag und Samstag heftig geregnet hatte und auch am Sonntag Regen angesagt war.

Matthias Leyk, der stellvertretende Vorsitzende der Höhlenrettung Baden-Württemberg, wollte am Montag den jungen Guide nach jetzigem Kenntnisstand gleichwohl nicht verurteilen. Zwar seien Gewitter und Regenfälle angekündigt gewesen, nicht aber Starkregen: „Das war so nicht vorhersehbar.“ Aber selbst dann sei eine Expedition in die Falkensteiner Höhle prinzipiell möglich: „Vorausgesetzt, man hat die nötige Erfahrung und die richtige Tauchausrüstung.“ Ob dies bei dem betroffenen Höhlenführer der Fall gewesen sei oder ob dieser fahrlässig gehandelt habe, dazu wollte Leyk so kurz nach Abschluss der Rettungsaktion noch nichts sagen: „Wir sind jetzt erst einmal glücklich, dass alle Beteiligten wohlbehalten wieder draußen sind.“ Später werde man dann die Aktion genau auswerten, erst dann könne man ein Urteil fällen.

Der Bürgermeister von Grabenstetten, Roland Deh, wurde im Gespräch mit dem TAGBLATT etwas deutlicher: Die Tour sei „ein sehr großer Leichtsinn“ gewesen. Schließlich habe man gewusst, dass die Höhle Wasser führt.

Höhlentouren nur noch mit Bergungsversicherung

Rettungseinsätze in der Falkensteinerhöhle sind nicht selten, weiß Matthias Leyk von der Höhlenrettung Baden-Württemberg. Leider, so der stellvertretende Vereinsvorsitzende, blieben die Retter, die bei jedem Einsatz ein erhebliches Risiko eingehen, häufig auf den Kosten sitzen. Deshalb beschloss die Gemeinde Grabenstetten 2018, dass jede Höhlentour angemeldet werden muss. Eine Genehmigung gibt es nur, wenn alle Teilnehmer eine Versicherung vorweisen können, die im Notfall für die Bergungskosten aufkommt. Dies, erklärte Bürgermeister Roland Deh am Montag, sei bei den beiden Eingeschlossenen vom Sonntag der Fall gewesen.