Metzingen / Tübingen

Volle Konzentration: Osiander übernimmt Stoll

Neues von Osiander: Der Tübinger Filialist übernimmt in Metzingen die insolvente Buchhandlung Stoll und weitet sich auch andernorts aus.

01.02.2019

Von Wilhelm Triebold

Als sich neulich die Vertreter der Publikumsverlage in München zur Jahrestagung versammelten, zeigte sich Heinrich Riethmüller, wie er im Grußwort zugab, „persönlich geschockt“ von der angekündigten Fusion der beiden Branchengrößen Thalia und Mayersche Buchhandlung. Zumal, weil die Mayersche und Riethmülllers eigenes Unternehmen Osiander, die beiden größten familiär geführten Buchhandelsfilialisten in Deutschland, bis dahin enger verflochten schienen als je zuvor.

Doch der immer kompliziertere, oftmals brutale Buchmarkt kennt keine Verwandten. Der Unternehmensberater Axel Bartholomäus nannte vor kurzem erst im „Buchreport“-Gespräch die „Konzentrationsprozesse unausweichlich“, weil in der „reifen Branche“ nurmehr Akquisitionen und Kostenoptimierungen aus den sogenannten „Economies of Scale“, den Größenvorteilsgewinnen eines Zusammenschlusses, noch Umsatzwachstum versprächen.

Zwar beschwichtigte der Osiander-Gesellschafter und Börsenvereins-Vorsteher Heinrich Riethmüller in München sogleich, es handle sich bei solchen Zusammenschlüssen und Konzentrationsprozessen „um ganz normale Vorgänge“. In diesem speziellen Fall sei er sogar „nachvollziehbar, konsequent und sinnvoll“.

Trotzdem lockerte Osiander sogleich, wie berichtet, die im Herbst 2015 festgezurrte Geschäftsverbindung zur Mayerschen. Damals war deren Chef Inhaber Hartmut Falter in den Osiander-Aufsichtsrat berufen worden. Ihn ersetzt nun aktuell IHK-Vizepräsident Hans-Ernst Maute. Gleichzeitig beendete Stiftungsvorstand Christian Riethmüller seine Beiratstätigkeit bei der Mayerschen. Betont wurde dabei, die Umorientierung schaffe den Spielraum für mehr Expansion.

Die Mitarbeiter können bleiben

Osiander hatte zuletzt sein Terrain kräftig erweitert und sich somit der selbst gesteckten Obergrenze von 60 Filialen, die für die Derendinger Logistikzentrale vertretbar erscheint, noch stärker angenähert. Nun kommen weitere Vergrößerungen hinzu. Etwa in Biberach, wo Osiander seit 2006 vor Ort ist, nun aber seine Verkaufsflächen „in erheblich besserer Lage“ (so Christian Riethmüller), nämlich im Salzstadel am zentralen Kapellenplatz, künftig ums Doppelte auf rund 500 Quadratmeter aufstockt.

In der baden-württembergischen Mittelstadt Metzingen (rund 24 000 Einwohner) wird Osiander dagegen erstmals vertreten sein. Hier gab es mit Widmann und mit Stoll bereits zwei Buchhandlungen vor Ort, von denen letztere im vergangenen Dezember allerdings Insolvenz angemeldet hatte.

Osiander nahm Kontakt zum Tübinger Insolvenzverwalter auf, weil eine „attraktive und größere Ladenfläche in 1-A-Lage“ (so wird Christian Riethmüller zitiert) „ganz neue Perspektiven“ und „ein großes Potenzial“ böte. Klar sei aber auch gewesen: Osiander wolle die traditionsreiche Buchhandlung Stoll mit all ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern übernehmen und gemeinsam von der Schönbeinstraße an den neuen Standort umziehen.

Seit Jahren schon habe Osiander großes Interesse an der Outlet-City, wie jetzt bekannt gegeben wurde. Man sei allerdings wegen der beiden bereits vorhandenen Buchhandlungen stets zurückhaltend geblieben. Der neue in Aussicht gestellte Standort, es handelt sich um das ebenfalls in der Insolvenz befindliche Fotogeschäft Höss in der Reutlinger Straße, habe „die Rahmenbedingungen für uns grundlegend geändert“, so Chrstian Riethmüller.

Während die bisherige Inhaberin der Buchhandlung Stoll, Jasmin Waidmann, sich aus Metzingen zurückzieht, um für Osiander in Kehl zu arbeiten, können alle anderen Stoll-Angestellten bleiben. Christian Riethmüller war im Dezember, kurz nach Bekanntgabe der Insolvenz, gleich zu ersten Gesprächen nach Metzingen gekommen, um dem Team zu signalisieren, dass Osiander die Arbeitsplätze retten wolle: „Es war uns wichtig, auch ohne Verträge den Mitarbeitern vor Weihnachten mit viel Optimismus Hoffnung zu geben, und das hat sich jetzt ja auch erfüllt.“

Die Metzinger Buchhandlung Stoll wurde 1935 von Emma Stoll eröffnet und wurde 2012 an Jasmin Waidmann verkauft.

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Erstellt:
01.02.2019, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 40sec
zuletzt aktualisiert: 01.02.2019, 01:00 Uhr

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