Wembley-Finale der Fußball-WM 1966

Volle Härte

Noch eine Erinnerung an das Wembley-Finale der Fußball-WM 1966 („Zehn Wembley-Karten für 49 D-Mark“, 30. Juli, Regionalsport).

05.08.2016

Von Uwe Brauner

Der Autor Günther Thöne deutet selbst an, dass sein Bericht auch ein sozialhistorisches Dokument ist. Wie die gemischten Fahnenmeere am Endspieltag zeigen, war der große Fußball keineswegs immer gewaltträchtig. Als vormals friedliche Zuschauer dann zuerst auf der Insel zu „Hooligans“ mutierten, wurde dies zu einem internationalen Lehnwort. Es ist kein Zufall, dass auch der neoliberale Abbau von Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechten auf dem Kontinent zuerst in England betrieben wurde. Die sozialdarwinistische Brutalität jener Frau in der Downingstreet 10, die das exekutierte, führte ironischer Weise dazu, dass sie nach ihrer Amtszeit, in der sie ihr Land dem Gesetz des Dschungels ein gutes Stück näher brachte, selbst nur noch als Insassin eines schwer bewachten Reichen-Ghettos überlebensfähig war.

Die ganz unsinnigen Schmerzen eines jeden Nationalstolzes bekam ich beim Abpfiff 1966 in voller Härte zu spüren, weil niemand mit Sieben sich diesem Quatsch widersetzen kann. Heute ist übrigens leicht nachprüfbar, dass den Ballverlust, der dem strittigen 3:2 ziemlich direkt vorausging, genau jener deutsche Kicker-Monarch verursachte, dessen Zeit nun auch endgültig vorbei ist. Und an diesem Tor musste niemand, der keinen nationalistischen Knick in der Optik oder im Herzen hatte, verzweifeln, denn die Engländer waren die klar bessere Mannschaft. Der „Worldcup-Willie“, damals das Maskottchen der WM, lächelt mir heute versöhnlich und mit etwas angeblichenem Union Jack vom Nachttisch zu.