Dokumentation

Palmers Erklärung im Wortlaut: Vielfalt der Stadt nicht repräsentiert

bingens Oberbürgermeister Boris Palmer entschuldigt sich für „die Art und Weise“ seiner Bahnkritik.

02.05.2019

Von Gernot Stegert

Boris Palmer. Archivbild: Ulrich Metz

Boris Palmer. Archivbild: Ulrich Metz

Vor dem Tübinger Gemeinderat gab Oberbürgermeister Boris Palmer gestern folgende persönliche Erklärung ab: „Liebe Tübingerinnen und Tübinger, diese unauffällige Anrede hat heute eine besondere Bedeutung. Ich möchte Sie alle ansprechen, alle, die in Tübingen leben und sich mit dieser Stadt verbunden fühlen. Sie alle, das heißt alle, ganz gleich welchen Alters, welchen Geschlechts, welcher Herkunft, welchen Aussehens Sie auch sein mögen. Ich bin Ihr Oberbürgermeister und ich will ein Oberbürgermeister für alle sein.

Ich habe in den letzten Tagen in zahlreichen Gesprächen in der Stadt gespürt, dass viele von Ihnen daran zweifeln und manche nicht mehr daran glauben. Meine kritische Anfrage an die Hintergründe der aktuellen Werbekampagne der Deutschen Bahn hat besonders bei Menschen, die einen Migrationshintergrund haben, aber nicht nur bei diesen, Verletzungen und Kränkungen bewirkt.

Dafür will ich Sie ganz persönlich um Entschuldigung bitten. Ich kann das nicht ungeschehen ma-chen. Ich kann Ihnen aber versichern, dass ich niemals beabsichtigt hatte, Menschen aufgrund äußerer Merkmale auszugrenzen oder gar zu verletzen. Ganz im Gegenteil, ich will die vielfältige, pluralistische und offene Gesellschaft verteidigen.

Diese wird in ganz Europa und den USA von Kräften bedroht, die zu einem ethnisch homogenen Nationalstaat zurück wollen, den es nie gegeben hat. Doch das ist nicht alles. Ich habe in den letzten Jahren oft beobachtet, dass Identitätspolitik von rechts und links sich gegenseitig verstärkt und die Gesellschaft immer tiefer spaltet, bis sich völlig unversöhnliche Lager gegenüberstehen. Die Sorge vor dieser Entwicklung war und ist der Antrieb meines Debattenbeitrags.

Ich weiß allerdings, dass die unbedachte Art und Weise, wie ich dieses hochsensible Thema angesprochen habe, für große Verwirrung gesorgt und mehr geschadet als genutzt hat. Als Verfasser der Botschaft habe ich dafür die Verantwortung. Auch aus diesem Grund bitte ich Sie darum, meinen Fehler zu entschuldigen.

Tübingen ist eine Stadt, die mehr als viele andere den Geist der Offenheit und des Miteinanders in Vielfalt lebt. Meine Aufgabe ist es, dies auch nach außen zu repräsentieren. Das ist mir leider gründlich misslungen und ich werde mich mit voller Kraft und Konzentration darum bemühen, dies für die Zukunft richtig zu stellen.“