Vieles lässt sich zu Lebzeiten regeln

Infotag Über Vererben und Vorsorge sprachen Experten beim Infotag des TAGBLATTS im Sparkassen Carré.

24.09.2022

Von Werner Bauknecht

Die TAGBLATT-Referenten (ohne Katrin Herre von „senior@home24“, von links): Jürgen Inreiter von Immobilien Schaich, Alexander Lauber und Roswitha von Hagke von CBM, Dierk Jarmuthv on der Kreissparkasse Tübingen sowie Markus Höhn und Nadia Oberste-Lehn von Rilling&Partner.Bild: Jörg Romanowski

Die TAGBLATT-Referenten (ohne Katrin Herre von „senior@home24“, von links): Jürgen Inreiter von Immobilien Schaich, Alexander Lauber und Roswitha von Hagke von CBM, Dierk Jarmuthv on der Kreissparkasse Tübingen sowie Markus Höhn und Nadia Oberste-Lehn von Rilling&Partner.1Bild: Jörg Romanowski

Was kann man zu Lebzeiten regeln, um die Angehörigen nach dem eigenen Ableben in deren Trauer zu unterstützen? Das Thema zog am Donnerstag über 350 Besucher an, die zum Infotag und den Vorträgen ins Tübinger Sparkassen Carré kamen. Im Foyer gab es Infostände der beteiligten Unternehmen und Institutionen. Vor oder nach den Vorträgen standen sie für Nachfragen bereit. Moderator Jörg Romanowski vom TAGBLATT stellte die Rednerinnen und Redner vor.

Den Auftakt machte Roswitha von Hagke von der „Christoffel-Blindenmission“ (CBM), einer internationalen christlichen Entwicklungsorganisation aus Bensheim. Ihr Thema: Digitaler Nachlass. „Das Internet vergisst nichts, auch nicht über den Tag hinaus“, so das Credo von Hagkes. Über 50 Millionen Deutsche gingen täglich ins Internet, jeder verbringe dort durchschnittlich fast 50 Stunden in der Woche mit Online-Banking, Reisebuchungen, Ein- und Verkäufen, sozialen Netzwerken oder Abos.

Was soll im Todesfall mit diesen Hinterlassenschaften passieren? Ihre Lösung: den digitalen Nachlass wie einen normalen Nachlass behandeln. Dazu müsse man aber zunächst die Daten im Netz finden. Und dazu benötige man Passwörter, Zugangscodes, PINS. Man könne sich von IT-Spezialisten helfen lassen. Die Referentin empfahl, dass der Erblasser zu Lebzeiten Zugangsdaten, Accounts und Adressen auf einer Liste aufschreibt, und diese ans Testament als Annex anheftet. Markus Höhn, Inhaber des Tübinger Beerdigungsunternehmens Rilling&Partner, empfahl, seine „letzten Dinge selbst zu regeln“. Das falle unter den Begriff der Bestattungsvorsorge.

Seine Kollegin Nadia Oberste-Lehn ist Trauerbegleiterin. Sie wies darauf hin, woran es bei einer Beerdigung zu denken gilt: Erd- oder Feuerbestattung, Trauerfeier an Sarg oder Urne, wo soll die Bestattung stattfinden – auf einem Friedhof oder im Friedwald, wie ist der Verlauf der Trauerfeier? Was sind die Abschiedsrituale, gibt es Blumenschmuck, welche Musik wird gespielt? „Das kann man alles vorab regeln.“ Höhn empfiehlt wegen der Kosten eine Sterbegeldversicherung oder die Einrichtung eines Treuhandfonds. „Eines ist sicher“, so Höhn, „eine Sterbegeldversicherung kommt irgendwann zur Anwendung.“ Oberste-Lehn empfiehlt: „Machen Sie sich Gedanken darüber, sprechen Sie am besten mit der Familie.“ Die Kreissparkasse (KSK) Tübingen bot an, Testamentsvollstreckungen zu übernehmen. Dierk Jarmuth berichtete aus seiner Praxis. Er sei eine Art Treuhänder. Er inventarisiert den Nachlass, zahlt mögliche Schulden damit, bewertet den Nachlass und stellt Aktiva und Passiva gegenüber. In seinem Vortrag stellte er Beispiele vor, wie innerhalb einer Familie eine Nachlassverwaltung durchgeführt werden kann. Sinn einer solchen Aufgabe sei es, den Nachkommen möglichst alle Arbeiten abzunehmen. Die Vergütung richtet sich nach der Höhe des Nachlasses.

Alexander Lauber von der CBM stellte den Erbvertrag als Alternative zum Testament vor. Damit könne man beispielsweise Ungerechtigkeiten in der Erblassung verhindern. „Wenn eine Tochter ihren Vater pflegt, die andere aber jahrelang weg ist, kann man dafür sorgen, dass die eine Erbin mehr erhält.“ Aber: Der Vertrag muss notariell beglaubigt werden und in Anwesenheit der Beteiligten abgeschlossen werden. Man kann auch Ausgleichsbeträge vereinbaren, falls Immobilienbesitz als Ganzes vermacht wird und die anderen ihren Anteil geldwert erhalten. Bei einem Erbvertrag müssen mindestens zwei Personen beteiligt sein, ein Notar ist zwingend vorgeschrieben, und alle müssen voll geschäftsfähig sein. Allerdings: Ein Erbvertrag kann durch ein Testament unwirksam gemacht werden. Und er verhindert auch keine Pflichtteilsansprüche.

Katrin Herre von der Vermittlungsagentur senior@home24 referierte über die häusliche 24-Stunden-Pflege pflegebedürftiger Menschen. „Das ist eine gute Alternative zum Heim“, sagte sie, „der alte Mensch muss seine gewohnte Umgebung nicht verlassen.“ Die Agentur vermittelt osteuropäische Kräfte, die Tag und Nacht für die Pflegebefohlenen im Einsatz sind. Die Pflegekräfte sind sozial- und krankenversichert, der Mindestlohn wird bezahlt. Die Einsatzdauer beträgt bis zu sechs Monate, die Kräfte wohnen dabei im Haus der Pflegebedürftigen. Der Preis richtet sich nach den Deutschkenntnissen, und er beginnt bei 1950 Euro brutto. Für die Kunden falle keine Vermittlungsgebühr an, keine Beratungsgebühr, keine Reisekosten.

Jürgen Inreiter , Geschäftsführer vom Kusterdinger Maklerunternehmen Schaich Immobilien GmbH, machte in seinem Vortrag deutlich, dass die Kompetenz eines Maklerbüros bei Immobilienverkäufen Vorteile für alle Betroffenen bringt. „Vor allem hat der Verkäufer nichts mehr mit den Angelegenheiten rund ums Haus zu tun, das übernimmt der Makler oder die Maklerin.“ Es gehe aber auch um die professionelle Präsentation eines Objekts, denn: „Es wird nicht mehr alles gekauft, die Kunden sind kritischer geworden.“ Das liege auch daran, dass die Preise enorm gestiegen seien und eine Finanzierung dadurch komplizierter geworden sei.

Schaich betreut auch die Käuferseite: Objektsuche, Betreuung, Bewertung und am Schluss der Notartermin. Das Unternehmen hat auch spanische Immobilien und ein Büro in Denia an der Costa Blanca.

Die Christoffel-Blindenmission (CBM)

Die Christoffel-Blindenmission (CBM) ist eine internationale Entwicklungsorganisation für Menschen mit Behinderungen. Ihr Namensgeber ist Ernst Jakob Christoffel, der 1908 in den Orient reiste, um Blinden und anderen Menschen mit Handicaps zu helfen. Ziel der CBM ist es, den Kreislauf aus Armut und Behinderung in Entwicklungsländern zu durchbrechen und für Menschen mit Behinderungen bessere Lebensqualität und Chancengleichheit zu schaffen. Heute zählt die CBM zu den größten Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit in Deutschland. Die Aufgabe der CBM ist es, das Leben von Menschen mit Behinderungen zu verbessern, Behinderungen zu vermeiden und gesellschaftliche Barrieren abzubauen.

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Erstellt:
24.09.2022, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 39sec
zuletzt aktualisiert: 24.09.2022, 01:00 Uhr

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