Tübingen

Viel zu simpel

Im August berichteten wir mehrfach über den schlechten Zustand der Wälder. Jürgen Lücke kommentierte das am 5. September in einem Leserbrief („Massiver beschränken“) und erhält Antwort.

17.09.2020

Von Roland Irslinger, Tübingen

Was ist ein dichter Wald? Am besten eignet sich der Biomassevorrat als Maßstab für die Walddichte, auch der Naturschutz sieht das so. Ein junger Wald zum Beispiel sehr dicht mit Bäumen bewachsen, aber relativ arm an Biomasse.

Biomassereichtum allein mit dem Verdunstungs-Kondensationsgleichgewicht zu erklären, ist viel zu simpel. Aussagefähiger ist das Verhältnis von Niederschlag zu potenzieller Verdunstung. Die Vegetationsgeografie lehrt uns, dass mit abnehmender Humidität der natürliche Vorrat der Wälder auch zurück geht. Natürliche Trockenwälder, zum Beispiel am Albtrauf, sind biomassearm und sehr licht.

Waldbewirtschaftung oder der Verzicht darauf kann diesen Zusammenhang nicht beeinflussen. Im Klimawandel werden Trockenwälder unsere Buchenwälder ersetzen, ob wir wollen oder nicht. Wer’s nicht glaubt, dem sei der Nationalpark Hainich oder die „Heiligen Hallen“ in Mecklenburg-Vorpommern empfohlen.

Diese alten Buchenwälder sind seit hundert und mehr Jahren völlig sich selbst überlassen. Klimawandelbedingt sterben die Buchen dort gerade zügig vor sich hin, unbeeindruckt von den Träumereien sogenannter Waldkritiker. Klimastabile Wälder lassen sich nur durch aktiven Waldumbau landschaftsverträglich etablieren.

Wollen wir naturnahen Waldbau, bleibt nur der Blick auf die sich hin zu mehr Trockenwäldern entwickelnden naturnahen Waldgesellschaften. Die Natur lässt uns keine Wahl! Merke: Willst Du Deinen Wald vernichten, musst Du ihn halt mehr verdichten!