Corona

Verwirrung um Impfungen für Lehrer

Bei der Vergabe von Terminen für das Astrazeneca-Vakzin kommt es zunächst zu Problemen und Missverständnissen. Die Opposition übt scharfe Kritik an Sozialminister Lucha.

23.02.2021

Von eb/dpa

Impfzentrum in Ravensburg: Bald schon sollen die ersten Lehrer zum Zuge kommen. Foto: Felix Kästle/dpa

Impfzentrum in Ravensburg: Bald schon sollen die ersten Lehrer zum Zuge kommen. Foto: Felix Kästle/dpa

Es ist der erste echte Schultag im neuen Jahr: In Baden-Württemberg sind an diesem Montag Grundschulen nach dem Corona-Lockdown wieder für den Regelbetrieb geöffnet worden. Allerdings konnten nicht alle 382?000 Grundschüler auf einmal wieder kommen. Stattdessen gibt es einen Wechsel aus Präsenz- und Fernunterricht. Auch Kitas konnten wieder öffnen, und Abschlussklassen konnten in den Präsenzunterricht zurückkehren. Das Kultusministerium zeigte sich zufrieden: „Nach unseren bisherigen Eindrücken und Rückmeldungen ist der schrittweise Einstieg an den knapp 2500 Grundschulen im Land weitestgehend reibungslos und ohne nennenswerte Probleme gestartet.“

Nicht ganz so reibungslos begann die Impfkampagne für Erzieherinnen und Lehrkräfte. Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) räumte ein, dass es am Morgen Startprobleme gab. „Die Terminvergabe über die Hotline und die Website funktioniert inzwischen, es gab wohl am frühen Morgen Anlaufschwierigkeiten, die inzwischen behoben wurden“, teilte der Minister mit. Am Wochenende hatte Lucha relativ überraschend verkündet, Erzieherinnen und Lehrkräfte in Baden-Württemberg würden beim Impfen vorgezogen und könnten direkt ab Montag Termine buchen oder gar geimpft werden. Man wolle nicht mehr abwarten, bis die Impfordnung geändert wird, sondern sofort loslegen.

Allerdings hatte diese Information zwischen Sonntag und Montag nicht alle Callcenter-Mitarbeiter erreicht, wie das Sozialministerium einräumte. Außerdem habe die Zahl der Anrufe die Hotline überlastet: Die Zahl stieg von 6087 am Freitag auf fast 27.000 allein bis Montagmittag.

Der Minister betonte, zahlreiche Lehrkräfte und Kitabeschäftigte hätten am Montag schon erfolgreich Termine gebucht. „Aber leider können bei der Vielzahl an Anrufen nicht alle sofort in den ersten zwei Stunden zum Zug kommen. Hier muss ich einfach um etwas Geduld bitten.“ Alle Lehrer und Erzieherinnen erhielten ein Impfangebot, versicherte der Grünen-Politiker. „Dieses Versprechen halten wir, auch wenn heute früh nicht alle auf Anhieb zum Zug gekommen sind.“

Die Opposition übte harte Kritik. SPD-Partei- und -Fraktionschef Andreas Stoch verglich den Beginn der Impfkampagne mit dem allgemeinen Impf-Start. „Wie schon für Tausende impfberechtige Seniorinnen und Senioren in den vergangenen Wochen heißt es deshalb heute für Lehrkräfte und das Kita-Personal: Telefon-Frust pur. Sie werden über die Impfhotline abgewiesen und kommen ihrer Impfung auch über die Internetplattform keinen Schritt näher.“ Dies führe dazu, dass die Akzeptanz der Corona-Maßnahmen nachlasse. „Der Gesundheitsminister darf nicht weiter für die Krisenkoordination des Landes verantwortlich sein.“ Auch die FDP vermutet, Lucha habe vorschnell einen Erfolg verkünden wollen, dessen Umsetzung noch gar nicht gesichert sei. Wenn dies so sei, „dann übersteigt die Serie der Pannen und Fehlinformationen so langsam das Maß des Erträglichen“, erklärte FDP-Gesundheitsexperte Jochen Haußmann.

Für Verwirrung sorgt etwa die Online-Anmeldung über die Webseite „impfterminservice.de“. Diese funktioniere, heißt es im Sozialministerium. Allerdings müssen die Lehrkräfte dabei beim Klicken durch die Menüs bis zum Impftermin viele Hinweise schlicht ignorieren: Als impfberechtigt aufgeführt sind sie nämlich dort keineswegs, es gibt auch kein Feld, um anzugeben, dass man Pädagoge ist. Der „explizite Hinweis“ fehle noch, heißt es im Ministerium. „Da die Seite vom Bund betrieben wird, sind wir darauf angewiesen, dass dieser unsere Änderungen berücksichtigt und auf der Seite einpflegt. Unabhängig davon können Online-Termine trotzdem schon gebucht werden, eine entsprechende Bescheinigung vom Arbeitgeber über die Impfberechtigung muss erst vor Ort im Impfzentrum vorgelegt werden.“

450.000 Dosen Astrazeneca im Anflug

Die frühere Impfung von Erziehern und Lehrerinnen wird vor allem durch die breite Verfügbarkeit des Impfstoffs von Astrazeneca möglich. Baden-Württemberg soll bis Mitte März rund 450.000 Dosen geliefert bekommen. Dadurch soll im Südwesten zudem ab sofort auch jeder Impfberechtigte aus der ersten Prioritätsstufe einen Impftermin angeboten bekommen – aber auch alle aus Stufe zwei.

Dazu gehören neben allen Lehrern und Erziehern auch Menschen mit Down-Syndrom, Menschen mit Demenz und Pflegern in der Versorgung von Demenz-Patienten und geistig Behinderten.

Eine Sprecherin von Lucha erklärte, die 450.000 Dosen sollen vor allem für die Erstimpfung verwendet werden. Im Südwesten gibt es etwa 140 000 Lehrerinnen und Lehrer und knapp 66.000 Erzieherinnen und Erzieher. Hinzu kommen noch einmal fast 35.000 weitere Verwaltungs-Beschäftigte in Kitas.

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Erstellt:
23.02.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 04sec
zuletzt aktualisiert: 23.02.2021, 06:00 Uhr

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