Urteil

Verwaltungsgericht kritisiert die IHK

Die Sigmaringer Verwaltungsrichter mahnen eine Überprüfung des Beitragssatzes an.

14.03.2017

Von Volker Rekittke

Das Verwaltungsgericht Sigmaringen stellt in einem Beschluss vom 6. März indirekt die Höhe der Mitgliedsbeiträge der IHK Reutlingen in Frage. Ein IHK-Mitglied, die Reutlinger Steuerberatungsgesellschaft Früh+König, hatte sich gegen die Höhe des IHK-Pflichtbeitrags gewehrt – es geht um 180 Euro für das Jahr 2016.

Rudolf König hatte den IHK-Wirtschaftsplan 2016 genauer unter die Lupe genommen – und dort beträchtliche Rückstellungen gefunden. Allein in der Ausgleichs- sowie in der Liquiditätsrücklage der IHK steckten zusammen 7,9 Millionen Euro. Diese beiden Rücklagen sind dafür gedacht, Risiken abzupuffern – falls etwa mehrere große Firmen als Beitragszahler ausfallen sollten. Laut ihrem eigenen Finanzstatut sei die IHK zudem gezwungen, ihre Liquiditätsrücklage in Höhe von 3,1 Millionen Euro ab 2015 bis spätestens Ende 2018 komplett aufzulösen.

In einem Eilverfahren entschieden die Sigmaringer Richter nun nach Aktenlage, dass der Reutlinger Steuerberater wohl auch im Hauptsacheverfahren erfolgreich sein dürfte. Denn in Paragraf 3 des IHK-Gesetzes (IHKG) heißt es: „Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.“ Sowohl das Bundesverwaltungsgericht wie auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hatten zuletzt zum Thema Rückstellungen bei IHKs geurteilt – und dabei „das haushaltsrechtliche Gebot der Schätzgenauigkeit“ angemahnt. Auch Sigmaringen argumentiert, dass jedes Jahr aufs Neue geschaut werden muss, ob und welche Risiken bestehen, die zu Liquiditätsengpässen führen könnten. Die IHK Reutlingen habe jedoch „keine hinreichende Risikoprognose durchgeführt“, kritisieren die Richter. Die Liquiditätsrücklage sei 2015 und 2016 gleich hoch geblieben – hätte aber womöglich schon 2016 „teilweise zur Senkung der Mitgliedsbeiträge verwendet werden können“.

IHK-Hausjurist Jens Jasper indes ist zuversichtlich, im Hauptsacheverfahren Recht zu bekommen. Schließlich existiere die vom Gericht beanstandete Liquiditätsrücklage nicht mehr. Im Juli 2016 hatte die IHK-Vollversammlung entschieden, die Rücklage in Höhe von 3,1 Millionen Euro aufzulösen und vollständig der Bau- und Instandhaltungsrücklage zuzuführen. In jenem Topf sind mittlerweile 13 Millionen Euro – das Geld ist gedacht für den anstehenden Neubau der Reutlinger IHK-Zentrale.

Das zahlen die Mitglieder

Die IHK Reutlingen hat derzeit mehr als 47 000 (Pflicht-)Mitglieder in den Landkreisen Tübingen, Reutlingen und Zollernalb. Von den 15,5 Millionen Euro Einnahmen der IHK stammten im vergangenen Jahr 3,8 Millionen aus Grundbeiträgen und 4,3 Millionen Euro

aus (gewinnabhängigen) Umlagebeiträgen. Knapp die Hälfte ihrer Erträge erwirtschaftet die IHK selber, vor allem aus Gebühren und Entgelten.