Scheef nicht mehr Namenspatron

Verwaltungsgericht: Anlieger müssen Straßenumbenennung akzeptieren

Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat die Klage einer Anwohnerinitiative gegen die Stadt Tübingen wegen Umbenennung der Scheefstraße in Fritz-Bauer-Straße abgewiesen.

05.07.2016

Von Hans-Joachim Lang

Screenshot: Google Maps

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Tübingen. Zwei Stunden dauerte die mündliche Verhandlung, in der – nun mit der Elle des Verwaltungsrechts – die Argumente der Anliegerinitiative bemessen wurden. Gleich vorweg wies Dietmar Reimann, der Vorsitzende der 8. Kammer, auf die Vorschrift der baden-württembergischen Gemeindeordnung, wonach die Benennung von öffentlichen Straßen „Angelegenheit der Gemeinden“ sei. Also nicht der Anlieger.

Zusätzlich erinnerte Reimann an die Gewaltenteilung im Staat. Danach sei das Gericht nicht befugt, über politische Fragen zu befinden, die den Gemeinderat vor zwei Jahren bewogen, die Scheefstraße umzubenennen. Gegenstand des Verfahrens könne einzig die Frage sein, ob Anlieger in ihren Rechten verletzt seien.

Mithin konnte sich, das war von Anfang der Verhandlung an deutlich, die Rechtsfindung nur auf einem schmalen Grat bewegen. Da im Verwaltungsgerichtsverfahren die für die Kläger durchaus wesentlichen politischen Gründe kein Gewicht haben, mussten sie sich argumentativ auf ihre eingeschränkten persönlichen Anliegen konzentrierten.

Das hinderte sie nicht daran, gleich mehrfach die ihrer Ansicht nach untadelige Amtsführung des früheren Oberbürgermeisters Adolf Scheef zu betonen – und zwar durchgehend von 1927 bis 1939. Für Tübingen sei es sogar ein Glücksfall gewesen, so Dieter Pantel für die Kläger, dass Scheef, „anders als Adenauer in Köln“, 1933 im Amt geblieben sei. „Deswegen kann man doch nicht behaupten, Scheef sei in den Nationalsozialismus verstrickt.“

Da die Stadt im Vorfeld schon signalisierte, private Kosten aufgrund der Adressänderungen zu ersetzen, konzentrierten sich die Kritiker auf indirekte Folgen: „Unschuldige werden mit einer schweren Last bestraft“, klagte Pantel mehrfach. „Die Auffindbarkeit der Straße durch Navis ist nach einer Umbenennung nicht gewährleistet.“

Letztlich insitierte Rechtsanwalt Rainer Molière für die Kläger auf ein Urteil durch das Gericht. Da man die Umbenennung verhindern wolle, werde man notfalls vor die nächsthöhere Instanz ziehen. In nichtöffentlicher Beratung wies das fünfköpfige Gericht die Klage ab. Als OB Boris Palmer am Montagabend im Gemeinderat das Ergebnis bekanntgab, klopfen fast alle Beifall.

Adolf Scheef (1874 bis 1944)

Adolf Scheef, von 1912 bis 1932 Mitglied des württembergischen Landtags, war von 1927 bis 1939 parteiloser Tübinger Oberbürgermeister. Auf Antrag der NSDAP wurde ihm 1939 die Ehrenbürgerwürde verliehen. Mit Hinweis auf die Verstrickung Scheefs in das NS-Systems hat die Mehrheit des Tübinger Gemeinderats vor drei Jahren die Ehrenbürgerwürde vor drei Jahren symbolisch aberkannt und nach neuer Diskussion ein Jahr später die Umbenennung der Scheefstraße in Fritz-Bauer-Straße beschlossen.