Verräter wie wir

Verräter wie wir

Thriller nach John Le Carré über einen Lyrik-Dozenten, der sich im Urlaub von einem russischen Mafioso einwickeln lässt.

08.05.2016

Von Klaus-Peter Eichele

„Dame, König, As, Spion“ (2011) und „A Most Wanted Man“ (2014) im Kino, „The Night Manager“ aktuell als Serie beim Streaming-Dienst – Filme nach den Agentenromanen des inzwischen 85-jährigen, seit 55 Jahren produktiven Briten John Le Carré haben verlässlich Konjunktur. Dabei haben seine Stoffe so gar nichts Spionage-Sensationelles à la James Bond an sich. Wären die Geschichten real und nicht bloß realistisch, würden sie es kaum in die Nachrichten schaffen.

In der Verfilmung des 2010 erschienenen „Our Kind Of Traitor“ geht es um den Kassenwart einer russischen Mafia (Stellan Skarsgård), der beim neuen Boss der Organisation in Ungnade gefallen ist. Um seiner anstehenden Liquidation zu entgehen, will er sich samt Familie und brisanten Informationen nach London absetzen. Dafür sucht er in Marrakesch die Nähe eines arglos urlaubenden Lyrik-Dozenten aus England (Ewan McGregor), den er mit Luxus als Lockmittel dazu bringen will, Kontakt zum britischen Geheimdienst herzustellen.

Ob der Plan aufgeht, ist auch schon die ganze Geschichte, die dennoch einiges an Spannung hergibt. Das liegt einmal am schon von Hitchcock gern verwendeten Kniff, wonach ein ahnungsloser Normalbürger ins kriminelle beziehungsweise geheimdienstliche Geschehen hineingerissen wird – hier noch garniert mit einer Frage der Moral: Darf man sich mit einem Gangster, der Blut(-geld) an den Händen hat, fraternisieren, bloß weil der selbst mal ins Fadenkreuz gerät?

Auf höherer Ebene stellt sich wiederum heraus, dass der Seitenwechsel des Geldwäschers in London keineswegs einhellig begrüßt wird – schließlich ist dort so manches hohe Tier selbst in die Machenschaften der Russenmafia verstrickt. In diesem Spannungsfeld entwickelt sich der Film zum durchaus packenden Thriller, der allerdings weder stilistisch noch in Sachen politische Brisanz an die beiden Kino-Vorgänger heranreicht. Dafür gibt es einmal mehr einen glaubhaften Einblick ins Alltagsgeschäft der Geheimdienste (ab 12). 

Auch eine eher durchschnittliche Le-Carré-Verfilmung ist noch sehenswert genug.