Tübingen · Naturforschung

Vegetarier bis zum Aussterben

Einen Nachweis für die rein pflanzliche Ernährung von Höhlenbären bis zu ihrem Aussterben vor etwa 25000 Jahren erbrachten Tübinger Forscher.

13.05.2020

Von ST

Höhlenbär-Fossilien in einer der von Tübinger Forschern untersuchten Höhlen in Rumänien.Bild: Iona Meleg

Höhlenbär-Fossilien in einer der von Tübinger Forschern untersuchten Höhlen in Rumänien.Bild: Iona Meleg

Wissenschaftler vom „Senckenberg Center for Human Evolution and Palaeoenvironment“ an der Universität Tübingen haben mit einem internationalen Forscherteam den Nachweis für eine rein vegetarische Ernährung der ausgestorbenen Höhlenbären in Europa erbracht. Bislang deuteten Untersuchungen darauf hin, dass sich die Bären im heutigen Rumänien auch teilweise von Fleisch oder Fisch ernährten. Das Team konnte dies nun in einer im Nature-Fachjournal „Scientific Reports“ erschienenen Studie mit einer neuen Methode widerlegen.

Eine erstaunliche Erkenntnis

Höhlenbären (Ursus spelaeus) lebten in der letzten Kaltzeit vor etwa 100000 bis 25000 Jahren in Europa. Mit bis zu 3,50 Meter Länge und 1,7 Meter Schulterhöhe waren die verbreiteten Tiere deutlich größer als ihre heutigen Verwandten, die Braunbären. „Umso erstaunlicher ist die Erkenntnis, dass sich die Tiere – trotz ihrer Größe und zudem in einer kalten und trockenen Umgebung – nur von Pflanzen ernährten“, erklärt Prof. Hervé Bocherens vom Senckenberg Center in Tübingen. Er fährt fort: „Während diese vegetarische Ernährungsweise für die allermeisten Höhlenbären Europas schon belegt ist, gab es bei Fossilfunden aus Rumänien zuletzt rege wissenschaftliche Diskussionen, ob sich die Bären dort auch von Fleisch ernährt haben könnten.“ Im Kollagen aus den Knochen der rumänischen Höhlenbären wurden isotopische Werte von Stickstoff gemessen, die sowohl denen einiger Fleischfresser als auch denen reiner Pflanzfresser – wie Mammute – ähneln.

Um also Licht ins Dunkel der Vergangenheit zu bringen, hat Bocherens zusammen mit Yuichi Naito vom Nagoya University Museum in Japan und Ioana Meleg vom Emil Racovi Institute of Speleology der Romanian Academy sowie weiteren Forschern Fossilien aus drei verschiedenen Fundstätten in Rumänien untersucht. „Wir haben spezielle Aminosäuren im Knochen-Kollagen der Fossilien gemessen und anschließend mit denen von anderen Höhlenbär-Knochen sowie mit typischen Fleisch- und Pflanzenfressern, in unserem Fall ein Löwe und ein Pferd, verglichen“, erklärt der Tübinger Biogeologe die von ihm angewandte neue Methode.

Einfluss auf heutigen Schutz

Die Ergebnisse zeigen, dass sich auch die Höhlenbären aus Rumänien rein pflanzlich ernährten, bevor sie vor etwa 25000 Jahren ausstarben. Die Erkenntnisse zu den Fressgewohnheiten der ausgestorbenen Bären können laut der Studie auch heutige Schutzkonzepte beeinflussen. „Wenn wir die Hintergründe für das Aussterben der vegetarischen Höhlenbären besser verstehen, können wir auch eher Vorhersagen treffen, wie sich zum Beispiel Klimaveränderungen auf heutige Vegetarier wie den Pandabären oder den Binturong auswirken, und entsprechende Maßnahmen ergreifen“, so Bocherens.

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Erstellt:
13.05.2020, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 13sec
zuletzt aktualisiert: 13.05.2020, 01:00 Uhr

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