Filmkultur

Unterstützer fürs Arsenal dringend gesucht

Das Kino Arsenal braucht schnell Beistand, entweder von der Stadtverwaltung, in Form einer Stiftung oder einer Genossenschaft. Andernfalls ist Tübingens cineastisches Kleinod bedroht.

25.03.2019

Von Dorothee Hermann

Das Gebäude, in dem das Kino Arsenal seinen Sitz hat, soll verkauft werden. Archivbild: Steuernagel

Das Gebäude, in dem das Kino Arsenal seinen Sitz hat, soll verkauft werden. Archivbild: Steuernagel

Wenn man die Dokumentation über das Ende des Konstanzer Programmkinos Scala sieht, wird einem ganz anders. Regisseur Douglas Wolfsperger stellte den Film „Scala Adieu – Von Windeln verweht“ am Sonntag bei einer Matinee im Tübinger Kino Arsenal vor. Der Scala Filmpalast in der Konstanzer Altstadt musste 2016 der Filiale eines Drogeriemarktes weichen.

In Tübingen ist die Zukunft des Kinos Arsenal derzeit offen. Das Gebäude an der Hinteren Grabenstraße soll verkauft werden, und was dann aus Kino und Kneipe wird, die seit mehr als 40 Jahren im Erdgeschoss residieren, muss noch ausgehandelt werden. „Wie die Zukunft aussieht, können wir in dieser Zeit nicht alleine entscheiden“, sagte Programm-Macher Dieter Betz. „Wir brauchen Ideen, die von außen an uns herangetragen werden.“

Kinobetreiber Stefan Paul gehört neben dem Arsenal mit angeschlossener Kneipe auch noch das Kino Atelier samt Café Haag. „Wir sind gottseidank noch nicht so arm dran wie in Konstanz. Wir haben eine fortschrittlichere, kreativere Rathausspitze“, sagte er. Seit Monaten ist Paul im Gespräch mit der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GWG. „Für mich wäre es eine gute Lösung, mit der Stadt zusammenzuarbeiten“, sagte er. Nun hat noch eine weitere Tübinger Wohnungsbaugesellschaft, die Nestbau, Interesse an dem gut 100 Jahre alten Gebäude gezeigt.

Doch anders als das Kino seien die darüber liegenden Wohnungen haus- und brandschutztechnisch kaum modernisiert worden. Deshalb könnte auf einen Käufer, der das Haus komplett erhalten möchte, einiges zukommen. Am Freitag war eine Begehung mit GWG und Nestbau, so der Kinobetreiber. In den kommenden 14 Tagen soll ein Gutachten über den Zustand des Hauses und gegebenenfalls erforderliche Sanierungsmaßnahmen vorliegen.

„Wenn das Haus abgerissen wird, kommt mit Sicherheit kein Kino mehr in den Neubau“, sagte Paul und betonte: „Wir wollen das Kino erhalten, wenn irgend möglich.“ Der Berufscineast hat dabei nicht nur die Filmkultur im Blick, sondern auch Konzerte und Lesungen in seinen Kinos. „Das kann man nicht an der Peripherie machen oder auf der grünen Wiese.“

Altershalber kann Paul sich nicht mehr ewig selbst um die beiden Kinos kümmern. Doch er kann sich vorstellen, dass eine Genossenschaft oder eine Stiftung die beiden Lichtspielhäuser weiterführt. „Wir brauchen da Hilfe. Wir sind mit der Stadt in gutem Gespräch, nicht wie in Konstanz.“

Arsenal und Atelier sind zudem unverzichtbare Vorführorte für die Tübinger Filmfestivals. Das bestätigte die Tübinger SPD-Stadträtin Andrea Le Lan, die seit langem auch zum Vorstand der Französischen Filmtage gehört. „Ohne das Arsenal wären die Französischen Filmtage nicht möglich gewesen“, sagte sie. Ob der Arsenal-Standort für Investoren eine Toplage ist, bezweifelte Le Lan. Die Eigentümer des Geschäftshauses nebenan seien heilfroh gewesen, dass sie das Weltethos-Institut als Mieter gefunden hatten. „Die Chancen sind vielleicht gar nicht schlecht für das Arsenal“, sagte sie. „Das Kino, die siebte Kunst, ist ein zentrales Element der Tübinger Kulturszene.“

Der Tübinger Medienwissenschaftlerin Prof. Susanne Marschall schlug vor, auf dem Gelände des Alten Schlachthofs ein Kunst- und Medienzentrum zu errichten. „Natürlich zusätzlich. Das Arsenal soll bleiben.“

Ein Besucher regte an, „nicht Millionen Euro in der Stadtbahn zu versenken“. Sonst fehle für Kulturprojekte wie das Arsenal der finanzielle Spielraum. Als potenzielles, gut erreichbares Ausweichquartier für das Arsenal schwebte dem Mann ein Standort am Europaplatz vor.

Bilder: Dorothee Hermann

(rechts), Archivbild Erich Sommer (links) und Privatbild

Stefan Paul

Stefan Paul

Andrea Le Lan

Andrea Le Lan

D. Wolfsperger

D. Wolfsperger