Corona-Tagebuch: Kathrin Hinger

70 Leute mit einer geistigen oder psychischen Behinderung arbeiten dort. Wir befinden uns in Woche eins der Schließung, das ist für viele wie Urlaub, und es gibt noch keine Krisen. Die Werkstätten werden aber vier Wochen oder länger zu sein.

Für viele Menschen mit einer Behinderung oder psychischen Erkrankung ist es schwierig, wenn ihre gewohnte Tagesstruktur wegbricht. Wer nicht in seiner Wohngruppe oder durch die Familie aufgefangen wird, hat dann Probleme. Die Sportgruppen und andere Angebote fallen ja auch weg. Deshalb rufen wir Leute, die gefährdet sind, an, damit sie mit jemandem sprechen und Fragen stellen können. Wer einfach mal jemanden sehen muss, kann im Notfall auch in die Werkstatt kommen. Das geht aber nur einzeln.

Als Regionalleiterin des Freundeskreises Mensch in Rottenburg bin ich für alle Wohn- und Arbeitsangebote zuständig. Seit 14 Tagen sind ich und meine Kolleg/innen damit beschäftigt, alles so umzuorganisieren, dass es trotz Corona funktioniert. Wir gucken, ob Menschen klarkommen oder ob sie eine Notbetreuung brauchen. Wer kommt von unseren Mitarbeitern in den Dienst? Oder arbeiten sie von zu Hause? Wir müssen auch noch einige Produktionsaufträge erfüllen, damit wir nicht unsere Kunden verlieren.

Außerdem muss ich sehen, dass für die vier Wohngruppen im Dätz-weg Schutzausrüstung, Desinfektionsmittel, Brillen und Masken da sind, da leben 40 Menschen. Zum Glück werden wir dabei durch die Heimaufsicht und das Gesundheitsamt unterstützt. Die Bereichsleitung und unsere Mitarbeiter sind sehr engagiert, um den Laden am Laufen zu halten. Sie sind auch sehr solidarisch untereinander. Hier arbeiten alle auf Hochtouren. Irgendwann, wenn wir wieder auf die Straße können und das normale Leben wieder anfängt, werden wir sehen: Die Freiheit ist ein hohes Gut.