Tübingen

Unklare Validität

17.01.2022

Von Thomas Herold, Tübingen

Eine vormals weit über ihre Grenzen hinaus bekannte und geschätzte Lokalzeitung stirbt und hinterlässt eine vollkommen frustrierte und verwirrte ehemalige Leserschaft mit völlig unklaren Nebenwirkungen auf das kommunale Klima und die prognostizierte Letalitätsrate der Einwohnerschaft. Der viel zitierte amerikanische Medienforscher Redputty argumentiert im „European Journal of Communication“, es könnte sich um die Hauptwirkung eines mit unsystematisch zusammengestellten Befunden, willkürlich erhobenen Meinungen, Statistiken unklarer Validität und mutmaßlich tendenziösen Einflussfaktoren gespickten Artikels handeln, wie sie in den Zeiten der Pandemie zum weitverbreiteten Alltagsphänomen geworden sind.

In den zur Wahrheitsfindung unverzichtbaren Talkshows wird unter reger Beteiligung eines Oberbürgermeisters diskutiert, ob sich das Zeitungssterben durch eine Pflichtimpfung der Redakteurinnen und Redakteure eindämmen ließe; man war sich jedoch nicht einig, wofür oder wogegen. Und ein berühmter Rechtsphilosoph stellt unter der Frage „schuld?“ zur Diskussion, wie ein derartig delegierter Selbstmord ethisch und justiziell zu bewerten sei.