Tübingen

Überzogen

01.04.2020

Von Ulrike Reyhing, Tübingen

Zum Corona-Pandemie-Appell von Stadt Tübingen, DRK und Seniorenräten: Richtig: die Lage ist ernst, und das haben mittlerweile fast alle verstanden. Die Corona-Schutzregeln wie Abstandhalten, keine Selbstbedienung, keine unnötigen Gänge außer Haus und so weiter müssen konsequent eingehalten werden, und sie werden eingehalten, das kann man überall beobachten. Aber das, was in diesem Artikel an restriktiven Maßnahmen erwähnt, fast gefordert wird, eben überhaupt keine Einkäufe dieser Altersgruppe, ist meines Erachtens überzogen und nicht sinnvoll, da es außer der Infektionsgefahr auch andere Gefahren durch das Virus gibt, zum Beispiel die Verstärkung von Angstkrankheiten.

Viele der über 65-Jährigen in meinem Bekanntenkreis sind empört. Noch ist es ein „Appell“, eine „dringende Empfehlung“, aber es ist zu vermuten, dass ein Verbot immer wahrscheinlicher wird.

Bei Einhaltung aller Regeln ergibt es keinen Sinn, gesunde über 65-Jährige davon abzuhalten, einzukaufen. Wer das nicht will, bleibt selbstverständlich zuhause. Bei schweren Vorerkrankungen ist es natürlich wichtig, zuhause zu bleiben, das gilt aber ebenso für Menschen mit Vorerkrankungen, die unter 65 Jahre sind. Die Grenze ist rein willkürlich.

Grundrechte sind Grundrechte und dürfen nur dann eingeschränkt werden, wenn tatsächlich konkrete Gefahr besteht. Bei Einhaltung aller gebotenen Maßnahmen besteht diese Gefahr für Menschen, ob über oder unter 65 Jahren, nicht. Eher besteht vielleicht Infektionsgefahr, wenn mir eine freundliche, symptomfreie Person, die infiziert ist und es nicht weiß, mir meine Einkäufe bringt.