Musikvideo · Der Boss im Kloster Bebenhausen

Tübinger Theologie-Studenten haben eine Reformations-Hymne gerappt

Gymnasiasten-Rap“ hieß es vor einigen Jahren spöttisch, wenn privilegierte Jungs, die mangels Erfahrung nicht über Armut oder Gewalt rappen konnten, sich am Hip-Hop versuchten. „Studenten-Rap“ könnte man jetzt sagen über dieses Stück Rapmusik aus Tübingen, das in den vergangenen vier Tagen über 10000 Aufrufe auf YouTube erhielt und sich auf eher ungewöhnliche Weise mit dem Reformationsjubiläum beschäftigt.

28.10.2017

Von Miri Watson

Nach dem Motto „Luther hat auch kein Blatt vor den Mund genommen“ rappen Theologiestudierende aus Tübingen ein Lied über den Reformator. Drehort ist das Kloster Bebenhausen. Bild: Screenshot

Nach dem Motto „Luther hat auch kein Blatt vor den Mund genommen“ rappen Theologiestudierende aus Tübingen ein Lied über den Reformator. Drehort ist das Kloster Bebenhausen. Bild: Screenshot

„Ich, der M, der ARTI, der N, der Wittenberg-Boss, lass Bullen verbrenn’, hau die Schriften raus, bring euch Nullen zum flenn‘“ – diese Zeilen haben drei Tübinger Theologie-Studenten als Hymne auf den Reformator Martin Luther gedichtet und pünktlich zum Reformationstag am kommenden Dienstag veröffentlicht. Der Text läuft über das Instrumental zu „Downtown“ des amerikanischen Rappers Macklemore. „Als der Song vor zwei Jahren rauskam, fanden wir, dass ‚Downtown‘ hymnischen Charakter hat und wollten damit was machen“, sagt Leon Hanser, Mitglied des Rap-Trios.

Schon früher hatten Hanser und Christopher Hopp einen Macklemore-Song genutzt, um zu dessen Melodie einen Rap über das Leben im evangelischen Albrecht-Bengel-Haus zu dichten. Für den „Boss“ haben sie noch ihren Freund Jonathan Bühler mit ins Boot geholt. Da alle drei durch ihr Studium einen Bezug zu Luther haben und das Jubiläum anstand, war schnell klar, dass das Lied von dem Reformator handeln soll. Anderthalb Jahre haben die drei an ihrem Song gearbeitet. „Als wir die Idee hatten, waren wir alle in Tübingen, kurz darauf sind wir aber alle für längere Zeit weggegangen“, so Hanser: „Chris ging in die USA, Jonathan nach Serbien und ich war in England.“ Es gab also wöchentliche Skype-Meetings, um am Text zu feilen – der Anspruch war, dem Wirken Luthers, aber auch dem ironischen Charakter des Originalsongs nahezukommen. Zeilen wie „Während ich die Bibel ganz ins Deutsche übersetze, hagelt es für Satan schwarze Tintenfässer in die Fresse“ kamen dabei raus und wirken im Video, das nicht im Kloster Wittenberg, sondern im ebenfalls altehrwürdigen Bebenhausen gedreht wurde, gar nicht mal uncool.

Trotz Textstellen wie „Der Papsthof – protziges Gewimmel, dabei hat der Papst nur ’nen viel zu kleinen – Dom“ ist es den Studenten wichtig, dass sie keine Gräben zwischen den Konfessionen vertiefen. „Viele Seitenhiebe auf die katholische Kirche waren vor 500 Jahren berechtigt, aber auch im Katholizismus hat sich in der Zeit einiges getan, und im Endeffekt beruhen beide Konfessionen auf dem Fundament von Christus“, sagt Hanser.

Was wohl der Wittenberg-Boss selbst zu dem Song gesagt hätte? Hanser meint: „Wir haben eins seiner zentralen Anliegen – dass nämlich der Mensch unmittelbar vor Gott steht, ohne dass es eine kirchliche Institution dazwischen braucht – gut rübergebracht. Also nehme ich an, er würde es gut finden.“

Das Video zum „Boss aus Wittenberg“

Über 10000 Klicks in vier Tagen und das, obwohl Hanser sagt: „Wie wir an den Videodreh rangegangen sind, war dilettantisch.“ Regie und Kostüme hätten die drei Rapper, die vorher nie etwas im Bereich Video gemacht haben, selbst übernommen, und für das gesamte Musikvideo beraumten sie nur einen einzigen Drehtag an. Da sie aber professionelle Unterstützung von Sascha Richter an der Kamera und Felix Golenko beim Schnitt bekamen, lässt sich das Endergebnis durchaus sehen. „Insgesamt waren bestimmt 30 bis 40 Personen beteiligt“, betont Hanser, der im Video den Luther darstellt. „Alleine hätten wir das nie so hinbekommen.“ Die malerische Kulisse des Klosters Bebenhausen mag ebenfalls zum Flair beigetragen haben.