„Brain Control“ · Spielen mit künstlichen Agenten

Tübinger Informatiker entwickeln neue Form der künstlichen, selbstlernenden Intelligenz

Informatiker der Universität Tübingen haben ein Computerprogramm entwickelt, das eine neue Form der künstlichen Intelligenz darstellt: Das Programm „Brain Control“ simuliert sowohl eine 2D-Welt als auch darin eigenständig handelnde, kooperierende und lernende, virtuelle Figuren – oder Agenten.

22.12.2017

Von ST

Trailer BrainControl
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© CognitiveModelling
This teaser introduces a first version of a new, interactive game-AI concept, based on game-AI-oriented cognitive science: players interact with the figures in the game by verbal instructions, including uttering direct commands, providing useful information, and motivating the game figures to work and collaborate on their own. Further information and game download: https://github.com/CognitiveModeling/

Dabei handelt es sich nicht nur um ein Forschungswerkzeug, sondern auch um eine neue Art von Computerspiel: Man kommuniziert mit den Figuren in menschlicher Sprache, beispielsweise indem man Dinge erklärt, Anweisungen gibt oder sie dazu motiviert, Situationen selbst zu erkunden.

Die Simulation zielt laut einer Pressemitteilung darauf ab, moderne Theorien der Kognitionswissenschaft in ein Modell zu überführen und neue Varianten künstlicher Intelligenz zu erforschen. Professor Martin Butz und sein Team vom Lehrstuhl für Kognitive Modellierung ließen das Programm über mehrere Semester in Programmierpraktika wachsen und haben es nun veröffentlicht.

Klassische künstliche Intelligenz (KI) beschäftigt sich eher damit, eine Aufgabe logisch zu analysieren und zu planen. Damit lassen sich Systeme bauen, die immer dann gut funktionieren, wenn das Problem präzise in eine abstrakt-mathematische Form übertragen werden kann. Auf der anderen Seite stehen künstliche neuronale Netze, die derzeit im Fokus der Forschung stehen und in den letzten Jahren für Schlagzeilen gesorgt haben.

In die Umwelt eingebettet

„Brain Control“ verzichtet bisher auf den Einsatz solcher neuronaler Netze, folgt aber auch nicht dem klassischen KI-Paradigma. Vielmehr bettet das Programm die Figuren stärker in ihre Umwelt ein und „grundiert den Handlungsrahmen“ dadurch, wie es die Forscher formulieren: Innerhalb ihrer Welt haben die Spielfiguren unterschiedliche Motivationen, um zum Beispiel mehr Energie zu bekommen oder ihre Welt zu erkunden. Ausgehend von diesen Motivationen lernen sie durch Interaktionen, wie ihre Umwelt funktioniert und wie sie diese beeinflussen können.

Dabei legen die Forscher großen Wert darauf, die Figuren selbstständig agieren zu lassen, sodass nach und nach immer weniger vorgegeben werden muss und immer mehr selbst erlernt beziehungsweise gelöst wird. Der Einsatz neuronaler Netze ist mittelfristig auch geplant, allerdings eher als Teilsysteme.

Vorhersehbare Handlungen

Die theoretische Kernidee hinter dem Programm entstammt einer kognitionspsychologischen Theorie, nach der kognitive Prozesse im Wesentlichen prädiktiv, also vorhersehbar agieren und auf sogenannten „Events“ basiert sind. Solche „Events“, beispielsweise eine bestimmte Bewegung wie das Greifen nach einem Stift, und die Verkettung von Events, wie das Zusammenpacken, wenn man Feierabend hat, bilden demnach den Grundstock der Kognition, mittels dem zielorientiert Interaktionen und Interaktionsketten mit der Welt ausgewählt und kontrolliert werden. Diese Hypothese wird von „Brain Control“ gespiegelt: Die Figuren planen und entscheiden, indem sie Events und ihre Verkettung simulieren und damit relativ komplexe Handlungsfolgen ausführen können. So können die virtuellen Figuren sogar kooperativ handeln. Zuerst bringt eine Figur eine andere auf eine Plattform, damit diese dort den Weg freimachen kann, woraufhin beide vorankommen.

Trailer zum Spiel auf Youtube

Die Modellierung kognitiver Systeme wie in „Brain Control“ ist noch immer ein ambitioniertes Vorhaben und soll zu besserer künstlicher Intelligenz führen. Im Falle von „Brain Control“ soll es noch den Spaß am Spiel dazu geben: Die Spielfiguren schaffen es nicht alleine, die unterschiedlichen Level zu meistern, sondern brauchen Anleitung, Motivation und Inspirationen, die ihnen der menschliche Spieler sprachlich vermitteln muss. Das Programm kann man unter https://github.com/CognitiveModeling/BrainControl herunterladen und ausprobieren. Den Trailer gibt es unter youtube/63gcQg_bQjw

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Erstellt:
22.12.2017, 20:40 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 33sec
zuletzt aktualisiert: 22.12.2017, 20:40 Uhr

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