Sensationsfund bei Ausgrabungen in Sakkara

Tübinger Ägyptologen entdecken vergoldete Mumienmaske

Ägyptologen der Universität Tübingen haben bei Ausgrabungen in der ägyptischen Stadt Sakkara eine 2500 Jahre alte vergoldete Mumienmaske entdeckt.

14.07.2018

Von dpa / tol

Sensationsfund am Nil: Wissenschaftler der Universität Tübingen haben im ägyptischen Sakkara eine vergoldete Mumienmaske aus saitisch-persischer Zeit (664-404 vor Christus) entdeckt. Wie der Leiter des deutsch-ägyptischen Teams, Ramadan Badry Hussein, am Samstag in Kairo berichtete, wurde die Maske in einer ausgedehnten Grabanlage gefunden, die seit 2016 von Tübinger Ägyptologen mit neuesten Methoden erforscht wird. Nach dem Ergebnis einer ersten Untersuchung im Ägyptischen Museum in Kairo besteht die Maske aus Silber und ist teilweise vergoldet. Die Augen wurden als Einlegearbeit mit einem schwarzen Edelstein (möglicherweise Onyx) sowie Calcit und Obsidian ausgeführt.

„Der Fund dieser Maske darf als Sensation gelten“, so Hussein laut einer Mitteilung der Uni Tübingen: „Nur sehr wenige Masken aus Edelmetall haben sich bis heute erhalten, weil die Mehrzahl der Gräber altägyptischer Würdenträger schon in der Antike geplündert wurden.“ Wie der Leiter des Projekts berichtete, befand sich die wertvolle Maske auf dem Gesicht einer Mumie, die in einem stark beschädigten Holzsarg entdeckt wurde. Die erhalten gebliebene Verzierung des Sarges lässt darauf schließen, dass es sich bei dem Toten um einen Priester der Göttin Mut und der Göttin Niut-schi-es handelte, der zur Zeit der 26. Dynastie lebte. Der Fund wurde am Samstag von Wissenschaftlern und Vertretern des ägyptischen Antikenministeriums der Öffentlichkeit präsentiert.

Sakkara gilt als bedeutende altägyptische Nekropole am westlichen Nilufer. Die einstige Totenstadt liegt etwa 20 Kilometer südlich von Kairo und nur wenige Kilometer vom Nil entfernt.

„Altägyptische Totenmasken aus Gold und Silber sind außerordentlich selten“, sagte Professor Christian Leitz, Leiter der Abteilung für Ägyptologie an der Uni Tübingen: „Belegt sind lediglich zwei weitere vergleichbare Funde aus Privatgräbern, der letzte davon im Jahr 1939.“ Selbst in den ägyptischen Königsgräbern seien von Wissenschaftlern nur sehr wenige Mumienmasken aus Edelmetall gefunden worden. Ein Großteil der Masken sei zuvor bereits von Grabräubern gestohlen und anschließend vermutlich eingeschmolzen worden.

Der Grabkomplex, der seit 2016 von Tübinger Ägyptologen untersucht wird, besteht aus mehreren, teils mehr als dreißig Meter tiefen Schachtgräbern. Über einem der Hauptschächte fanden die Wissenschaftler die Reste eines rechteckigen Gebäudes aus Lehmziegel und Kalksteinblöcken, das wohl als Werkstatt zum Einbalsamieren der Verstorbenen diente. Innerhalb des Gebäudes fanden sich zwei große Becken, die vermutlich einerseits zur Verarbeitung von Natron zur Trocknung der Körper und andererseits zur Vorbereitung der Leinenbinden für die Mumifizierung dienten. Ebenfalls auf den Prozess der Balsamierung deuten Gefäße hin, die mit den Namen von Ölen und Substanzen beschriftet sind, die für die Mumifizierung notwendig waren.

In den Seitenwänden und am Boden des Schachtes entdeckten die Wissenschaftler eine ganze Reihe unberührter Grabkammern. Neben Mumien und Sarkophagen traten eine Vielzahl von Objekten zu Tage, unter anderem ganze Sätze von leuchtendblauen Fayence Statuetten – den sogenannten Uschebtis und Kanopen aus Alabaster, in denen die Organe der einbalsamierten Toten aufbewahrt wurden.

Das TAGBLATT befragte Ramadan Hussein in Kairo per E-Mail:

Lässt sich die aktuelle Entdeckung eines weitgehend unberührten Grabes in Sakkara mit jener des ebenfalls unberührten Tutanchamun-Grabes von 1922 vergleichen?

Hussein: Das ist schwer zu beantworten. Das Grab von Tutanchamun war ein königliches und es war intakt, während die nun entdeckten Grabkammern in Sakkara der oberen Mittelklasse in Altägypten zuzuordnen sind. Und obschon auch diese Gräber unberührt sind, kann der Reichtum der Grabbeigaben nicht verglichen werden mit jenem in königlichen Gräbern. Aber immerhin: In einer der von uns entdeckten Grabkammern befand sich die Mumie jenes Priesters, die mit einer vergoldeten Silbermaske bedeckt war. Das beflügelt unsere Erwartungen, was diese Gräber angeht.

Erwarten Sie in Sakkara, immerhin eine bedeutende altägyptische Nekropole, noch weitere Funde?

Die Nekropole Sakkara kann künftig noch so vieles preisgeben. Ich glaube, nur ein kleiner Teil ist in den vergangenen 200 Jahren bereits erforscht worden. Auf jeden Fall gibt es dort noch mehr zu entdecken.

Wie viele Forscherinnen und Forscher aus Tübingen sind denn in Sakkara mit dabei?

Sieben Forscher und Archäologen der Universität Tübingen arbeiten bei diesem Projekt mit.

Was geschieht nun mit der Mumienmaske und den anderen Funden?

Die Maske ist nun in einem Labor des Ägyptischen Museums in Kairo. Eine erste mikroskopische Untersuchung wurde durchgeführt und ein deutsch-ägyptisches Konservierungsteam gebildet. In Kürze wird die Maske zunächst gereinigt, um sie dann genauer zu untersuchen und zu konservieren.

Glauben Sie, die Maske wird irgendwann einmal in Tübingen zu sehen sein?

Ich hoffe schon. Allerdings nicht so schnell, denn das ist eine komplexe Sache und in finanzieller wie logistischer Hinsicht derzeit nicht durchführbar.

E-Science-Center der Uni dokumentiert Gäber mit Laserscanning

Das E-Science-Center der Universität Tübingen unter Leitung von Dr. Matthias Lang ist für die vollständige hochpräzise 3D-Dokumentation der Nekropole von Sakkara sowie der bedeutenden Objekte verantwortlich. Eine Kombination von Laserscanning und bildbasierten 3D-Verfahren machen die räumlichen Zusammenhänge der hochkomplexen Gräber erstmals sichtbar und analysierbar.