Reaktion auf Kritik an der EA

Tübingens OB Palmer fordert verpflichtende Aids-Tests

Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer bittet Ministerpräsident Winfried Kretschmann um unbürokratische Hilfe.

12.07.2019

Von Renate Angstmann-Koch

Boris Palmer. Bild: Ulrich Metz

Boris Palmer. Bild: Ulrich Metz

Die in der Tübinger Erstaufnahmestelle (EA) des Landes untergebrachten Frauen sollen verpflichtenden Regeluntersuchungen auf Aids und Hepatitis unterzogen werden. Das verlangt der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) in einem Schreiben an Ministerpräsident Winfried Kretschmann.

Palmer reagierte mit dem Brief auf unseren Bericht vom Freitag über Mängel bei der medizinischen Versorgung der in der EA untergebrachten, als besonders schutzbedürftig geltenden Frauen. Sie werden nicht routinemäßig auf Hepatitis und Aids untersucht, obwohl der Anteil infizierter Frauen hoch sei, wie der Arzt Martin Kaiser berichtet. Selbst im Fall durch freiwillige Tests diagnostizierter Infektionen mit dem HI-Virus hätten Frauen bereits monatelang warten müssen, bis eine Behandlung mit Medikamenten beginnen konnte. Das zuständige Regierungspräsidium lässt mit Verweis auf das Asylbewerberleistungsgesetz erst noch ein Gutachten erstellen, das den Laborbefund bestätigt.

Palmer vermutet, „dass einer Regeluntersuchung – ähnlich wie bei medizinischen Eingriffen zur Altersfeststellung – die Scheu im Weg steht, Geflüchteten Menschen Pflichten aufzuerlegen“, heißt es im Schreiben des OB an Kretschmann. Ein verpflichtender Bluttest setze eine Blutabnahme voraus, die als Verletzung der körperlichen Unversehrtheit gewertet werden könne. So sei etwa beim Verdacht von Fahruntauglichkeit nach Alkoholkonsum eine richterliche Genehmigung nötig, wenn der Betroffene nicht in einen Test einwilligt.

Bayern habe „in dieser Güterabwägung offenbar zugunsten der Gesundheitsvorsorge entschieden“ und verpflichtende Untersuchungen eingeführt. „Ich möchte an Sie appellieren, dies unverzüglich auch in der Tübinger LEA zu ermöglichen. Da es sich hier um Frauen handelt, von denen viele Kinder haben, besteht besondere Dringlichkeit“, so Palmer. Es sollte nicht gewartet werden, bis im Ankunftszentrum in Heidelberg entsprechende Maßnahmen für alle neu ankommenden Geflüchteten ergriffen werden können. Dafür spreche neben dem Schutz der Frauen und der Kinder auch, „dass es leider nicht verstummende Berichte von Flüchtlingshelfern gibt, dass Frauen aus der LEA Tübingen zur Prostitution veranlasst werden.“